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Mord in der Wiener WerkstätteOverlay E-Book Reader

Mord in der Wiener Werkstätte

Historischer Kriminalroman | Beate Maly

E-Book (EPUB)
2024 Emons Verlag
256 Seiten
ISBN: 978-3-9870715-9-1

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Kurztext / Annotation
Beate Maly in Bestform: kundig, atmosphärisch, hochspannend! Wien, 1906: Die junge Fälscherin Lili wird bei einem Diebstahl erwischt. Um einer Strafe zu entgehen, verspricht sie Kommissar Max von Krause, sich eine ordentliche Arbeit zu suchen. Durch Zufall ergattert sie eine Aushilfsstelle in der legendären Wiener Werkstätte und ist begeistert vom Ideenreichtum der dort arbeitenden Frauen. Doch die kreative Idylle trügt: Eines Morgens findet Lili eine der Künstlerinnen erschlagen auf. Ihr Sinn für Gerechtigkeit ist geweckt, und während der fesche von Krause gleich mehrere Fälle zu lösen hat, nimmt Lili die Ermittlungen selbst in die Hand.

Beate Maly wurde 1970 in Wien geboren, wo sie bis heute lebt. Ihre drei Kinder zieht es immer wieder in die weite Welt. Zum Schreiben kam sie vor rund 20 Jahren. Sie widmet sich dem historischen Roman und dem historischen Kriminalroman. 2019 und 2023 war sie für den Leo-Perutz-Preis nominiert, 2021 gewann sie den Silbernen Homer. www.beatemaly.com

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

2

Naschmarkt

Die Marktstände waren frisch poliert und glänzten in der Sonne. Vor einem Jahr waren die fix gemauerten Gebäude mit den hübschen grünen Dächern in drei ordentlichen Reihen über dem unterirdisch fließenden Wienfluss aufgebaut worden. Der Markt war der modernste der Stadt. Hier gab es alles, was das kulinarische Herz begehrte. Köstlichkeiten aus fünfzehn Kronländern wurden angeboten: eingelegte Paprikaschoten und Gurken vom Balkan, Knoblauchzehen aus Transsilvanien, Rosenöl aus Sofia, Salami aus der Puszta und frische, knusprige Topfengolatschen aus Böhmen, Zitronen und Orangen aus Triest, würziger Käse aus Bozen und luftgetrockneter Hirschspeck aus Vorarlberg. Wein aus dem Süden und Schnaps aus dem Osten des Reichs.

Liliane Feigls Magen knurrte beim Anblick der glänzenden Äpfel, der duftenden Pfirsiche und des goldbraunen Brots. Wann hatte sie das letzte Mal eine ordentliche Mahlzeit zu sich genommen? Es musste Tage her sein. Wieder einmal war die Haushaltskassa leer. Lilis Vater hatte einen Teil des Geldes, das ihnen zur Verfügung stand, versoffen, den Rest am Kartentisch verspielt. Zum Glück war Lili fingerfertig. Als einziges Kind eines Kleinganoven, das ohne Mutter aufgewachsen war, waren Geschicklichkeit und Gerissenheit für sie überlebensnotwendig gewesen. Mit vorgespieltem Interesse musterte sie einen Apfel, nahm ihn in die Hand und betrachtete ihn von allen Seiten, während sie mit der anderen einen weniger leuchtenden in der Tasche ihrer nicht mehr ganz sauberen Schürze verschwinden ließ. Wichtig war, sich nichts anmerken zu lassen. Auch wenn die Marktfrau sie wegscheuchte, galt es, ruhig zu bleiben und mit gelassenen Schritten zum nächsten Stand zu gehen, um dort mit dem gleichen Trick ein Stück Wurst zu stibitzen. Je dichter das Treiben am Markt wurde, umso einfacher war es, satt zu werden. Lili zwängte sich an Dienstmädchen in dunklen Uniformen und mit weißen Hauben vorbei, näherte sich flink Hausfrauen mit langen Mänteln und ausladenden Hüten, um aus offenen Einkaufskörben ein paar Weintrauben und ein Stück Käse mitgehen zu lassen.

Vor einem Stand mit feiner Schokolade und Bonbons hielt sie an. Eigentlich hatte sie bereits genug in ihrer Tasche. Aber so ein Stück Schokolade oder ein Fruchtbonbon waren einfach zu verlockend. Sie hatte erst zweimal in ihrem Leben richtige Süßigkeiten gegessen. Einmal als Kind. Da hatte eine Standlerin ihr eine Handvoll leuchtend roter Kirschbonbons geschenkt. Sie waren das Köstlichste gewesen, was Lili jemals gelutscht hatte. Und das zweite Mal als junge Frau, da hatte sie einen Schokoladenriegel gestohlen. Auch er war ausgesprochen gut gewesen. Immer noch träumte sie von dem mollig süßen Geschmack, der sich langsam in ihrem Mund ausgebreitet und ein Gefühl höchster Glückseligkeit in ihr ausgelöst hatte.

Die Köstlichkeiten in den hohen Körben waren ganz besonders. Sie waren in so hübsches Papier gewickelt, dass Lili sich fragte, warum man sie nicht im Museum ausstellte. Es gab kleine Pralinen in Kästchen, die so kostbar aussahen, dass man Schmuck darin hätte aufbewahren können, wenn man welchen besessen hätte. Lilis einziger Schatz war ein alter Hornkamm ihrer Mutter. Wie war es möglich, dass es Menschen gab, die etwas so Wunderschönes als schnöde Verpackung verwendeten? Sie fasste nach einem Bonbon in rosarotem Papier, auf das phantasievolle Blumen und Weinranken gedruckt waren. Sofort ertönte eine keifende Stimme.

»Finger weg!«

Die Marktfrau war ein paar Jahre älter als Lili, Anfang dreißig. Lili wusste nicht, wie alt sie selbst wirklich war. Ihr Vater konnte sich nicht mehr genau erinnern. Der Alkohol hatte sein Gehirn aufgeweicht. Getauft worden war Lili nie. Geld für eine Geburtsurkunde hatte Franz Feigl nie gehabt. Das gefälschte Dokument, das er für sie angefertigt hatte, war vor Jahren abhandengekommen. Lili hatte beschlossen, sich selbst einen Geburtstag zu ge