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Der Duft von ZimtOverlay E-Book Reader

Der Duft von Zimt

Rebekka Eder

E-Book (EPUB)
2022 Rowohlt Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
528 Seiten
ISBN: 978-3-644-01235-6

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€ 9,99

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Kurztext / Annotation
Himmlisch duftender Zimt, ein altes Geheimnis und eine Prise Romantik HAMBURG, 1812: Die junge Josephine fu?hrt mit ihrem Onkel eine kleine Bäckerei. Doch die französische Besetzung der Stadt stellt die beiden vor die Herausforderung, genug Zutaten zu beschaffen. Als ihr Onkel aufgeben will, u?berredet Josephine ihn, Thielemanns Backhus allein weiterfu?hren zu du?rfen. Er hat nur eine Bedingung: Sie soll endlich heiraten - ausgerechnet den Postboten Christian Schulte, der u?berraschend wenig Mitgefu?hl fu?r die Nöte der Hamburger Bevölkerung zeigt. Gleichzeitig wird ihr der Soldat Pépin Sabatier, der in der Backstube ein und aus geht und stets von den Köstlichkeiten Frankreichs schwärmt, immer sympathischer. Besonders der Duft von Zimt hat es ihm angetan - genau wie Josephine. Zusammen mit Pépin kommt sie nicht nur einem alten Familiengeheimnis auf die Spur, sondern erfindet auch ein Gebäck, das Thielemanns Backhus retten könnte ... Ein zauberhafter Roman u?ber das wohl beliebteste Hamburger Gebäck: das Franzbrötchen!

Rebekka Eder ist ein Pseudonym. Die Autorin wurde 1988 in Kassel geboren und hat Theaterwissenschaft und Germanistik in Erlangen, Bern und Berlin studiert. Schon während des Studiums begann sie, Romane zu schreiben. Nachdem sie als Journalistin und Werbetexterin arbeitete, machte sie ihre Leidenschaft zum Beruf. Heute lebt und schreibt sie auf dem nordhessischen Land. Sie ist fasziniert von verblichenen Fotografien, gut gehüteten Familiengeheimnissen und der uralten Sprache der Blumen.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1
1. Kapitel
1812

Noch nie zuvor hatte Josephine ein so merkwürdiges Gewürz gesehen. Andächtig drehte und wendete sie die kleine, in sich gedrehte braune Stange in ihren Händen. An ihren Fingern blieb eine leicht krümelige Spur zurück. «Zimt», flüsterte sie und ließ sich dieses Wort auf der Zunge zergehen.

Der würzige Duft erfüllte die ganze Backstube ihres Onkels. Die zwei großen Fenster zu ihrer Rechten waren wie immer weit geöffnet, trotz der Kälte und Nässe dieses Novembermorgens. Mit gesenkten Köpfen - die Zylinder und Schuten voran - liefen die Passanten vorbei. Sie blinzelten gegen den Regen an, die Herren verschränkten die Arme schützend vor ihren Mänteln, die Frauen wickelten ihre Schultertücher enger um die langen, locker fallenden Chemisenkleider. Keiner von ihnen warf einen Blick in die Bäckerei. Ob sie vielleicht kurz nach hinten in die Backstube gehen könnte?, überlegte Josephine gerade, doch in diesem Moment schob sich der blonde Schopf der kleinen Mathilde durch das Fenster.

«Guten Morgen, Josephine! Habt ihr offen?» Es fehlte nur noch, dass sie ungeduldig an den Fensterläden rüttelte. Sie konnte nicht älter als zehn sein, benahm sich dafür aber reichlich vorlaut.

Josephine seufzte. «Wonach sieht's denn aus, mh?»

Schnell versteckte sie die Zimtstange in einer Schublade unter dem Tresen und sah dem Mädchen entgegen, das nun durch die Tür hereinkam und wie immer seinen älteren Bruder Hermann hinter sich herzog. Beide trugen völlig zerrissene Kleider, waren blass und dreckig. Hermann duckte sich unter dem Türrahmen und wich Josephines Blick aus, als sie ihn grüßte. In den letzten Monaten war er so schnell in die Höhe geschossen, dass sie stets ein wenig erschrak, wenn sie ihn sah. Auch er selbst schien sich mit seiner Größe nicht wohlzufühlen, jedenfalls lief er stark gebückt durch die Stadt.

«Ich habe mich schon gefragt, wo ihr zwei Rotzlöffel heute bleibt.» Josephine zwinkerte ihnen verschmitzt zu. Obwohl Mathilde furchtbar ungezogen war und Hermann zu schüchtern, um viel zu sprechen, und obwohl sie nur selten bezahlen konnten, hatte sie die beiden ins Herz geschlossen. «Wie geht es eurer Mutter? Kann sie mittlerweile wieder aufstehen?»

«Ach, wo denkst du hin?» Mathilde rieb sich über ihren auffällig breiten Mund. «Hast du Geduldzettel?»

Josephine schüttelte den Kopf. «Tut mir leid.»

«War ja klar», grummelte das Mädchen. «Hätte ich mir schon denken können, als mein liebes Brüderchen heute unsere letzten Teller zertrümmert hat. Das wird kein guter Tag, habe ich mir gesagt.»

Sie sprach gern über Hermann, als sei er gar nicht da. Josephine fragte sich, ob es in gewisser Weise nicht auch stimmte. Sie legte den Kopf schief. «Hast du mir nicht erzählt, dass du die anderen letzte Woche selbst zerschlagen hast, als du wieder einmal wütend warst?»

Mathilde schnaufte. «Was kümmert es mich, was ich letzte Woche getan hab?» Doch sie sah ein wenig betreten zu Boden. «Sind noch Rundstücke von gestern da? Oder irgendwelche anderen Reste?», fragte sie dann überraschend leise.

In diesen Zeiten, in denen selbst die grundlegendsten Zutaten knapp waren, blieb nie etwas vom Vortag übrig, das Josephine hätte verschenken können. Schließlich war sie kaum in der Lage, genug für ihre zahlenden Kunden zu backen. Und doch brachte sie es einfach nicht übers Herz, die beiden wegzuschicken. Die Vorstellung, dass sie hungrig durch die Stadt irren mussten, verursachte ein heftiges Ziehen in ihrem Magen. Also drehte sie sich um und griff nach zwei frischen Brötchen. Im gleichen Moment klingelte das Glöckchen über der Tür.

«Das gibt's doch nicht!», polterte der Neuankömmling los. «Was treibt ihr zwei Lümmel euch hier wieder herum? Ich habe euch schon zehnmal gesagt, dass Bettler in dieser Bäckerei nichts verloren haben! Weg