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Glück ist was für AugenblickeOverlay E-Book Reader

Glück ist was für Augenblicke

Erinnerungen | Christine Nöstlinger

E-Book (EPUB)
2013 Residenz Verlag
Auflage: 1. Auflage
300 Seiten
ISBN: 978-3-7017-4369-8

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Kurztext / Annotation
Christine Nöstlinger erzählt - jedoch nicht über den grantigen Gurkenkönig oder den Franz, der aussieht wie ein Mädchen. Hier geht es um ihr eigenes Leben: Wie sie als Kind den Krieg im Bombenkeller überlebt. Wie sie ihre erste Beichte mit einer Lüge beginnt. Wie sie über einen Tretroller die wahre Natur des Menschen kennenlernt. Wie sie im Tanzkurs den geliehenen BH verliert und sich als Kunststudentin in Herrenrunden behauptet. Die große Kinderbuchautorin, Journalistin, Lyrikerin und Schriftstellerin erzählt von Ehen, Töchtern und Affären. Von ihren Erfolgen, von wütenden Lehrerattacken und aberwitzigen Political-Correctness-Sheriffs. Und auch davon, ob es erstrebenswert ist, in Würde zu altern.

Christine Nöstlinger 1936 in Wien geboren, lebt als freie Schriftstellerin in Wien und im Waldviertel. Ihre Kinderund Jugendbücher sind weltweit bekannt. Zahlreiche Auszeichnungen, u. a. Andersen-Award,Astrid-Lindgren-Preis, Corine 2011.Doris Priesching 1967 geboren, Studium der Publizistik, Politikwissenschaft, Germanistik. Seit 1990 bei derTageszeitung 'Der Standard'. Zahlreiche Publikationen zu TV-Themen, zuletzt die Autobiografievon Erni Mangold: 'Lassen Sie mich in Ruhe'.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Die Minna redete auf die Großmutter ein, die Großmutter fing zu zittern an, stoßweise kamen Schluchzer aus ihr raus, das Kaffeehäferl fiel zu Boden und rollte quer durch die Küche. Die Großmutter sprang von der Kohlenkiste, kreischte: »I brings um, die Hur!« und raste aus der Wohnung, dem Stiegenhaus zu.

Die Minna rannte hinterher und flehte: »Net, Juli, net!«

Die Großmutter stürmte die Stiege hoch, die Minna folgte ihr. Allerhand Gepolter und Gekreisch der Großmutter kam von oben, und dann war noch lauter als das Gekreisch zu hören: »Frau Göth, Frau Göth, bringen S meine Tochter net um!«

Schließlich hastete die Rote über die Stiege runter, ihr schöner, dicker Zopf hatte sich vom Kopf gelöst und flatterte hinter ihr her. Gleich dahinter stolperte meine Großmutter. Und wieder ein paar Stufen dahinter die Minna.

Am Fuß der Stiege bekam meine Großmutter das Zopfende zu fassen. Die Rote rannte weiter, die Großmutter ließ den Zopf nicht los. Und so schleppte die Rote meine immer noch kreischende Großmutter hinter sich her, dem Haustor zu.

Wie die Sache weiterging, weiß ich nicht, denn meine Mutter kam aus der Wohnung gerannt, schnappte mich und bugsierte mich hinter die 4er-Tür. »Das ist nichts für Kinder!«, belehrte sie mich.

Die Rote und ihre Mutter wohnten natürlich weiter in unserem Haus und versuchten, meiner Großmutter nicht zu begegnen. Ob das Verhältnis mit meinem Großvater nach der Zopf-Geschichte beendet war, weiß ich nicht.

Wie viele Geschwister meine Großmutter hatte, weiß ich auch nicht. Sie hatte nur zu zweien Kontakt. Zum Gustl und zur Minna.

Der Gustl war früher Glasbläser gewesen, spezialisiert auf diese schweren gläsernen Briefbeschwerer, die innen drin herrliche bunte Glasblumen haben. Dann hatte ihn der Schlag getroffen und er hatte nicht mehr arbeiten können. Er zog ein Bein nach, hatte einen schiefen Mund und musste meiner Großmutter zweimal die Woche als Tarock-Partner dienen. Gewinnen durfte er dabei nicht zu oft. Sonst konnte es passieren, dass sie ihn rauswarf.

Die Minna war viel jünger als die Großmutter. Sie war allerhöchstens 1,40 groß, hatte einen riesigen Höcker und unglaubliche O-Beine. Ihre Knie standen fast einen halben Meter auseinander.

Die Minna kam jeden Tag. Sie war die unbezahlte Putzfrau der Großmutter. Ihr Geld verdiente sie damit, dass sie winzige Vogelfedern mit flüssigem Kautschuk zu zierlichen Damenhütchen zusammenklebte.

In der Wohnung der Großeltern gab es ein paar dieser gläsernen Briefbeschwerer. Ich borgte sie mir oft zum Spielen. Und von den kleinen Vogelfedern stibitzte ich mir auch oft eine Kinderhand voll und spielte mit ihnen. Daran, was man mit Vogelfedern und Briefbeschwerern spielt, erinnere ich mich nicht mehr.

In früheren Jahren wollte ich einen Roman schreiben: ALLE SELBSTMORDE DER GROSSMUTTER.

Sie drohte ständig, sich zu vergiften, zu erhängen, ins Wasser zu gehen, von hoch oben runterzuspringen oder sich ein Messer ins Herz zu stoßen. Und hatte sie das Gefühl, der Leopold reagiere auf ihre Drohungen nicht mehr ausreichend, schritt sie zur Tat.

Einmal rannte sie in den 2. Stock hinauf, riss ein Gangfenster auf, kletterte aufs Fensterbrett und gab vor, sich in den Hof stürzen zu wollen. Der Großvater keuchte hinter ihr her, verlor dabei einen Patschen und stolperte. Es brauchte also einige Zeit, bis er bei seiner angeblich lebensmüd



Christine Nöstlinger, geboren 1936 in Wien, lebt als freie Schriftstellerin abwechselnd in ihrer Geburtsstadt und im Waldviertel. Sie schreibt Kinder- und Jugendbücher und ist für Zeitungen, Rundfunk und Fernsehen tätig. Christine Nöstlinger erhielt für ihr Werk die "Hans-Christian-Andersen-Medaille", den "Astrid-Lindgren-Gedächtnispreis", 2011 den "Lifetime Award", den "Ehrenpreis Corine 2011" sowie das "Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich".