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Wie wir uns die Zukunft zurückholenOverlay E-Book Reader

Wie wir uns die Zukunft zurückholen

Rudi Anschober

E-Book (EPUB)
2024 Christian Brandstätter Verlag
Auflage: 1. Auflage
208 Seiten
ISBN: 978-3-7106-0792-9

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Kurztext / Annotation
2040: Unser Leben ist besser geworden. Eine scheinbar kuriose Behauptung angesichts der vielen Krisen, die wir in der Gegenwart erleben. Doch Rudi Anschober zeigt in seiner ebenso Hoffnung machenden wie realistischen Zukunftserzählung: Wir können es gut haben. Anschober skizziert die Weichenstellungen, die es dafür in den nächsten entscheidenden Jahren braucht. Dafür bietet jeder Tag neue Chancen: Neue Pfade zu gehen, neue Strategien zu entwickeln, die große Trendwende einzuleiten. Oder, in den Worten von Oscar Wilde: Fortschritt ist nur die Verwirklichung von Utopien. Daher ist Anschober überzeugt: Es ist nicht die Zeit für Resignation, es ist nie zu spät für den Traum der Veränderung. Diese auf Wissenschaft, Fakten und Optimismus setzende Vision zeigt, wie ein gutes Leben mit der Klimawende aussehen kann - und wie es möglich wird. Unverklärt, der Realität ins Auge sehend, Mut machend. Ein Buch, das wir alle brauchen.

Rudi Anschober, geboren 1960 in Wels, war Lehrer und Journalist, später langjähriger Landesrat für Klimaschutz und Integration in Oberösterreich. Von Januar 2020 bis Mitte April 2021 war er Sozial- und Gesundheitsminister der türkis-grünen österreichischen Bundesregierung. 2022 erschien sein Bestseller Pandemia. Einblicke und Aussichten. Seit seinem Rückzug aus der Parteipolitik ist Rudi Anschober als gefragter Vortragsredner, Autor und Berater tätig.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

WIEN, IM MAI
2040
MEIN GEBURTSTAG

Es ist noch dunkel. Irgendetwas hat mich geweckt.

Didip - didip - didip, uuh - uuh - uuh.

Da ist es wieder.

Jetzt erkenne ich das Lied: Die Nachtigall, die sich vor wenigen Wochen nach ihrer Rückkehr aus dem Süden im mächtigen Lindenbaum hinter dem alten Haus einquartiert hat, singt wieder. Usignolo haben wir sie in Italien genannt.

Didip - didip - didip, uuh - uuh - uuh.

Belami, meinen Retriever, der wie jede Nacht neben dem Bett liegt, stört das nicht. Er bellt leise und ganz hoch im Schlaf, seine Pfoten scharren über den Holzboden, offensichtlich läuft er in einem wilden Traum irgendeinem Tier hinterher. Bald werden wohl die beiden Katzen wieder nach Hause kommen, über den Baum auf die Terrasse klettern und am Wassernapf ihren Durst stillen. Dass sie hier sind, höre ich dann am Schlabbern ihrer kleinen Zungen.

Ich liebe diese stillen Nachtstunden, die den leisen Geräuschen der Tiere Raum lassen. Vertraute Töne in einer besonderen Nacht. Den 12. Mai 2040 schreiben wir heute. Es ist mein Geburtstag. Ein besonderer Geburtstag: mein achtzigster.

Früher haben wir diese Zeit Mitte Mai als die "Eisheiligen" bezeichnet, weil damals immer noch ein später Kälteeinbruch möglich war. Das ist heute nicht mehr zu erwarten, im Gegenteil: Mitte Mai sind Tropennächte keine Ausnahme mehr. Auch heute fühle ich bereits vor der Dämmerung die aufkommende Hitze. Feine Rinnsale aus Schweiß bilden sich auf meiner Haut, fließen auf das Bettlaken, hinterlassen kleine Flecken.

Im Bett liegend höre ich Belami nun wieder tief atmen, er hat sich beruhigt, sein Traum scheint vorbei zu sein. Mein Blick durch das Moskitonetz bleibt an dem großen alten Spiegel mit seinem mächtigen Goldrahmen hängen, der sich mir direkt gegenüber an der Schlafzimmerwand befindet. Er erinnert mich an mein Lebensmotto, das ich als Jugendlicher gewählt und mir im Laufe meines Lebens immer wieder ins Gedächtnis gerufen habe: Ich möchte mich mit achtzig in den Spiegel schauen, also den Respekt vor mir bewahren, und sagen können: Es war gut, ich habe alles versucht, habe meinen Beitrag geleistet.

Didip - didip - didip, uuuh - uuuh - uuh.

Usignolo beginnt wieder zu singen und unterbricht meine Erinnerungen. Es sind Balzlieder, mit denen er um eine Partnerin wirbt. Instinktiv lasse ich meine linke Hand über die Bettkante gleiten, hebe das Moskitonetz leicht an und taste nach Belami. Als ich ihm das Fell kraule, das wegen der Hitze kurz geschoren ist, beginnt er sich wohlig zu strecken und grunzt zufrieden. Wir sind miteinander vertraut.

Das Quietschen der Straßenbahn, die um die Kurve biegt, signalisiert mir den Beginn des Tages. Ich stehe auf, Belami hebt müde den Kopf und klopft mit seinem Schwanz ein einziges Mal auf den Boden, ehe er sich mit einem lauten Stöhnen wieder auf dem Holzboden ausstreckt und weiterschläft.

Ich gehe ein paar Schritte, leise, um meine Partnerin nicht zu wecken, bleibe vor dem Spiegel stehen und sehe einen alten Mann. Viele Falten und Altersflecken im Gesicht, die Haare weiß und dünn. Aber die Augen sind wach und klar.

Ich trete ans Fenster des Schlafzimmers und betrachte im ersten Morgenlicht die Umrisse unserer Hochbeete im Garten. Seit einigen Jahren pflanzen wir und andere Mieterinnen und Mieter dieses Hauses gemeinsam unser eigenes Gemüse an. Alle bringen Wissen und Zeit ein, dadurch ist ein Ort der Kooperation, der Begegnung und Unabhängigkeit entstanden.

Ich gehe in die Küche, schalte die Espressomaschine ein und befülle sie mit Kaffeebohnen aus Peru. Dieser Duft! Einmal im Jahr erhalte ich eine Lieferung vom Netzwerk jener Kleinbau