Buchhandlung Schachtner

Suche

MordsmannOverlay E-Book Reader

Mordsmann

Ernst Geiger

E-Book (EPUB)
2024 Edition A
464 Seiten
ISBN: 978-3-99001-719-7

Rezension verfassen

€ 14,99

in den Warenkorb
  • EPUB sofort downloaden
    Downloads sind nur in Österreich möglich!
  • Als Taschenbuch erhältlich
Kurztext / Annotation
Ein Serienmörder, der Medien und Publikum bis heute fesselt. Ein True-Crime-Thriller, der die Seelen eines Killers und seines Jägers ausleuchtet. Ein Autor, der selbst Chefermittler in diesem spektakulärsten österreichischen Kriminalfall war: Ernst Geiger verarbeitete 30 Jahre nach Jack Unterwegers Tod dessen Geschichte literarisch. Sein Roman lässt mit dramatischen Wendungen und faszinierenden Charakteren fast vergessen, dass er auf wahren Begebenheiten basiert. Er erzählt die Geschichte eines Menschen, der sich nicht ändern konnte. Und von jenen, deren Leben durch ihn fu?r immer verändert worden sind.

Ernst Geiger leitete bis 2017 die Abteilung 3 des österreichischen Bundeskriminalamtes, zuständig fu?r Ermittlungen in den Bereichen Organisierte und Allgemeine Kriminalität. Er war Chef-Ermittler in vielen aufsehenerregenden Mordfällen. Er leitete die Ermittlungen gegen den Serienmörder Jack Unterweger und fasste den Dieb der Saliera, eines wertvollen Salzfasses des Kunsthistorischen Museums.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1990
Freitag, 12. Oktober, 15:00 Uhr

Nestroy-Gymnasium, Hütteldorf, Wien

Sie erkannte den blauen Mercedes sofort. Er parkte an einer Ecke, von der aus man den Eingang des Schultores im Blick behalten konnte. Kaum war sie vom Schulhof auf die Straße getreten, öffnete sich die Hintertür und ein Deutscher Schäferhund sprang heraus. Die Zunge schlingerte ihm um das Kinn, als er auf sie zugestürmt kam.

Katharina ging in die Knie, ließ die Schultasche neben sich auf den Boden sinken und streckte die Arme aus. Sie hatte sich immer einen Hund gewünscht. In den paar Tagen, in denen sie auf Joy aufgepasst hatte, war ihr die Hündin ans Herz gewachsen. Dennoch verspürte sie jedes Mal, wenn die Hündin auf sie zustürmte, ein Zucken in ihrer Magengrube. Kurz bevor Joy in ihre Arme sprang, sah Katharina die scharfen Zähne aufblitzen. Sie konnte nicht völlig verdrängen, dass die Zutraulichkeit der Hündin innerhalb von Sekunden in Aggressivität umschlagen konnte.

Sie fühlte das weiche Fell der Hündin an ihrer Wange und schloss die Augen, als ihr Joys Zunge über das Gesicht fuhr. Katharina lachte und tätschelte Joy den Kopf. Als sie die Augen wieder öffnete, stand er über ihr und lächelte sie an.

Sie streichelte die Hündin noch ein wenig, dann erhob sie sich. »Mein Vater hat verboten, dass du mit mir sprichst«, sagte sie.

»Dabei habe ich mich noch gar nicht richtig dafür bedankt, dass ihr euch um meinen Hund gekümmert habt«, sagte er. Er trug eine ausgebleichte Jeans, braune Cowboystiefel, ein pinkes Hemd und darüber eine weiße Lederjacke. Seine Outfits amüsierten sie.

»Den Hund kannst du jederzeit bei uns lassen.«

Jack lachte. »Ich weiß. Weil deine Mutter mich mag, egal, was dein Vater sagt.«

»Red nicht so daher«, sagte Katharina, musste nun aber auch grinsen.

Vor einigen Wochen war sie mit ihrer Mutter spazieren gewesen, als ein riesiger Deutscher Schäferhund plötzlich aus dem Gebüsch gesprungen kam. Kein Besitzer war zu sehen. Joy hatte sofort Vertrauen zu Katharina gefasst und sich von ihr nach Hause mitnehmen lassen. Dort konnten ihre Mutter und sie ausfindig machen, wem der Hund gehörte: einem Schriftsteller namens Jack Unterweger. Zu dieser Zeit war Unterweger auf der Frankfurter Buchmesse gewesen, um ein Buch vorzustellen, und eine Frau Müller sollte sich um den Hund kümmern. Allerdings war Joy ihr weggelaufen.

Die nächsten Tage blieb Joy bei Katharina. Als Jack sie abholen kam, ging er mit ihrer Mutter und ihr eine Runde spazieren. Er bedankte sich und war ausgesprochen höflich. Was Katharina vor allem gefiel, war, wie erwachsen er sie behandelte. Er schenkte ihr genauso viel Aufmerksamkeit wie ihrer Mutter. Wenn nicht sogar mehr.

»Joy mag dich«, hatte er zu Katharina gesagt.

»Wenn du möchtest, kannst du häufiger mit ihr spazieren gehen.« Katharina hatte glücklich zugestimmt, doch wenige Wochen später war ihr Vater wutentbrannt aus der Arbeit zurückgekommen.

»Weißt du eigentlich, wer der Kerl ist?«, hatte er geschrien. »Das ist ein verurteilter Verbrecher! Ich lasse mein Kind sicher nicht in seine Nähe!«

Jacks Anrufe waren seitdem unbeantwortet geblieben. Das hatte ihn jedoch nicht davon abgehalten, heute vor Katharinas Schule zu warten. Hatte sie ihm je erzählt, wo sie in die Schule ging? Sie konnte sich nicht erinnern.

»Willst du was trinken gehen?«, unterbrach Jack ihre Gedanken. »Ich lade dich ein. Es gibt ein nettes Lokal in der Nähe.«

»Wir können zu Fuß hin?«, fragte Katharina.

»Du musst nicht in mein Auto steigen«, sagte Jack und Katharina fühlte sich ertappt. Sie wusste nicht, warum Jack im Gefängnis gewesen war, ihr Vater hatte es ihr nicht erzählt. Doch sie war klug genug, nicht zu einem verurteilten Kriminellen ins Auto zu steigen.

»Ich lade dich auf einen Kaffee ein. Und wenn du keine Lust mehr hast, gehst du einfach, okay?«, sagte Jack. »