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Die FluchtOverlay E-Book Reader

Die Flucht

Fuminori Nakamura

E-Book (EPUB)
2024 Diogenes
Auflage: 1. Auflage
592 Seiten
ISBN: 978-3-257-61472-5

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Kurztext / Annotation
Kenji Yamamine kommt in den Besitz der legendären Teufelstrompete des Komponisten Suzuki. Ihr wird die Macht zugeschrieben, Menschen zu begeistern und zu fanatisieren. Bei Recherchen auf den Philippinen trifft Kenji die junge Anh. Sie verlieben sich, Anh folgt ihm nach Tokio, wo sie gewaltsam stirbt. Neben der Trauer um Anh wird Kenji von einer rätselhaften religiösen Sekte verfolgt, die die Trompete für ihre Zwecke nutzen will. Was Kenji jetzt noch bleibt, ist, das Rätsel der Trompete zu lösen und sich mit der Welt in Liebe zu versöhnen.

Fuminori Nakamura, geboren 1977 in Tokai, studierte Öffentliche Verwaltung und Staatsverwaltung an der Universität Fukushima. 2002 erschien sein Debüt ?Ju? (?Der Revolver?). Inzwischen hat er in Japan über ein Dutzend Romane veröffentlicht, die in viele Sprachen übersetzt und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurden. Fuminori Nakamura lebt in Tokio.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Ein Hund bellt.

Es ist der, der immer an dem dürren Baum vor dem alten Mietshaus angeleint ist. Plötzlich verstummt das klägliche Kläffen. Ich frage mich, ob sie ihm etwas angetan haben. Ob ich gefunden und der Hund gewaltsam ruhiggestellt wurde. Im nächsten Moment höre ich deutlich, wie jemand die knarrende Holztreppe des Mietshauses emporsteigt. Mein Puls geht in die Höhe. Ich weiß nicht, was ich tun soll, und kann nur wie gelähmt den sich nähernden Schritten lauschen. Automatisch wandert mein Blick zum Fenster hinter mir. Aber die Wohnung liegt im zweiten Stock, zu springen ist keine Option. Vielleicht wissen sie wirklich, dass ich hier bin. Die Schritte werden immer lauter, bis das Geräusch direkt vor der Wohnung verstummt. Ich hole bewusst tief Luft. Bloß keinen Laut von mir geben. Die Tür ist verriegelt. Ich sitze völlig reglos auf meinem Stuhl.

In der Stille überkommt mich das Gefühl, selbst nur ein Bett, Regal oder Stuhl in diesem Zimmer zu sein. Ein vergessenes Möbelstück, das die Welt nicht mehr braucht. So eine Geschichte hatte ich mir früher einmal ausgedacht. Eine Geschichte über einsame Männer in einem Hotel im Ausland, die sich einer nach dem anderen in Teile der Einrichtung verwandeln. Am Ende entschließt sich der Hotelbesitzer seufzend, einen Entrümpler kommen zu lassen.

Ich starre unentwegt auf die Tür, die auf einmal ein hartes Knacken von sich gibt. Jemand hat das Schloss aufgebrochen, und jetzt öffnet sie sich. Fast hätte ich laut aufgeschrien, obwohl mir klar ist, dass sich niemand, der mich finden und bis hierhin verfolgen würde, von so einem alten Türschloss aufhalten ließe.

Ein hochgewachsener Mann betritt den Raum. Im Halbdunkel sehe ich ihn schlecht, aber ich bin mir sicher, dass ich ihn nicht kenne. Seine Haut ist hell und sein blondes Haar leicht ergraut. Als er mich bemerkt, zieht er einen Mundwinkel nach oben. Vielleicht ein Grinsen. Er kommt zum Stehen, und die alten Dielen knarren trocken.

»Ich dachte schon, du seist ausgeflogen, aber da bist du ja«, sagt der Mann auf Englisch.

Ich kann nicht einordnen, woher er kommt. Er sieht aus, als wäre er um die vierzig oder fünfzig. Zu einem schwarzen Anzug aus feinem Stoff trägt er einen schwarzen Hut. Ein Hauch von Eau de Cologne hängt in der Luft.

»Du wunderst dich sicherlich, dass ich die Tür öffnen konnte.«

Seine Stimme ist tief.

»Als ob so eine einfache Wohnungstür für einen Mann wie mich, der in dieser Welt schon alles Mögliche zuwege gebracht hat, ein Problem darstellen würde. Aber lassen wir das. Du kennst mich nicht und brauchst mich auch nicht zu kennen. Also ...«

Sein Blick schweift durchs Zimmer.

»Wo ist sie?«

Er schließt die Tür hinter sich. Behutsam. Mit Händen in weißen Handschuhen.

»Was ist? Meinst du meine Aufmachung?«

Wie als Antwort auf meinen Blick breitet er die Arme aus und schaut an sich herunter.

»Kommt in Momenten wie diesen, in Situationen wie diesen nicht immer ein Mann im schwarzen Anzug? Ein rätselhafter Unbekannter, der aus dem Nichts erscheint und eine schicksalhafte Botschaft überbringt? Haha! Wie ich das Leben liebe. Wie ich diese Szenen des Lebens liebe. Mit meiner Kleidung zolle ich der Situation Respekt. Obwohl ... Liebe ist das falsche Wort. Verachtung triff_t es besser.«

Der Mann grinst noch immer.

»Und da ich gern rede, will ich dir eine Frage beantworten, die du mir gar nicht gestellt hast. Weißt du, warum ich die Tür hinter mir so sorgfältig zugezogen habe? Na? Natürlich, damit niemand draußen mitbekommt, was für schlimme, schlimme Dinge ich dir gleich antun werde.«

Ich hätte nicht still sitzen bleiben, sondern sofort die Flucht ergreifen sollen. Wie hat er mich gefunden? Ich habe keinen Schimmer. Das hätte nicht passieren dürfen. Es ging viel zu schnell. Im Zimmer wird es immer kälter, vielleicht weil der Mann kühle, trockene Luft von d