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Europa und ichOverlay E-Book Reader

Europa und ich

Eine politische und persönliche Zeitreise | Christoph Leitl

E-Book (EPUB)
2024 Ecowing
Auflage: 1. Auflage
184 Seiten
ISBN: 978-3-7110-5358-9

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Kurztext / Annotation
75 Jahre Europarat - und Christoph Leitl: Ein leidenschaftlicher Europäer erinnert sich und blickt in die Zukunft der EU Der Politiker und Unternehmer zählt zu den prägenden Persönlichkeiten der Zeitgeschichte: Christoph Leitl wirft in seinen Erinnerungen einen Blick auf die Geschichte und Bedeutung der Europäischen Union. Vor 75 Jahren im Mai 1949 schlossen sich zehn Staaten in London zum Europarat zusammen - ein historisches Ereignis. Im selben Jahr wurde Leitl im Österreich der Nachkriegszeit geboren. Das gemeinsame Jubiläum ist für ihn Anlass, auf sein Leben und die Europäische Union zurückzublicken. Dabei treibt ihn eine Frage um: Wie kann die Zukunft Europas aussehen? - Die Biographie eines Politikers, der die Zeitgeschichte Österreichs und Europas prägte - Ein Rückblick auf 75 Jahre Geschichte der EU - Ein Plädoyer für europäische Werte und politisches Engagement - Eine Vision der Zukunft Europas in einer globalisierten Welt - Das ideale Geschenk für Politikinteressierte Eine Chance für den Frieden: Erwartungen an ein Europa der Zukunft Nostalgie findet sich in der Lebensgeschichte von Christoph Leitl nicht: In seiner Autobiografie schildert der außergewöhnliche Politiker seine Erfahrungen in der Europapolitik und verbindet sie stets mit europäischen Werten wie der Förderung des Friedens, der Schutz der Menschenrechte oder die Wahrung von Rechtsstaatlichkeit. Folgen Sie in einer Zeit des Zweifels einem überzeugten Europäer in die Zeitgeschichte, um Zuversicht und Mut für die Zukunft zu schöpfen.

Christoph Leitl, geboren 1949 in Linz, ist Unternehmer und leidenschaftlicher Europäer. Er war langjähriger Präsident der Österreichischen Wirtschaftskammer, von 2018 bis 2021 Präsident der Europäischen Wirtschaftskammer und war Mitglied der oberösterreichischen Landesregierung.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

KAPITEL 1
1949 BIS 1959:
ZWEI NACHKRIEGSKINDER

Was sind schon vier Jahre vor dem Hintergrund der Geschichte des Kontinents? Nur vier Jahre nach dem fürchterlichsten Krieg, den die Welt und auch meine Eltern- und Großelterngeneration je erleiden mussten, bin ich in Linz zur Welt gekommen. Ich habe kein Kriegsgeschehen selbst erlebt, konnte aber noch sehen und spüren, was dieser Krieg angerichtet hat: Bombenkrater so groß wie Baugruben, kaputte Häuser, Menschen, die mit Leiterwagen ihre Habseligkeiten transportierten, und vor allem Kriegsversehrte, die mit schwersten körperlichen und seelischen Verletzungen zurande kommen mussten.

Als Kind war das für mich alles natürlich. So war halt die Welt, in die ich und mein Jahrgang damals hineingeboren wurden. Eine Begebenheit hat sich mir allerdings ins Gedächtnis geprägt. In meinem Geburtsjahr 1949 hatte Österreich noch nicht einmal die Hälfte seiner Besatzungszeit durch die vier Siegerstaaten des Zweiten Weltkriegs hinter sich gebracht. Alle hegten große Hoffnung und Zuversicht, dass diese ein baldiges Ende finden würde. Ich bin also gerade noch rechtzeitig geboren, um mit eigenen Augen zu sehen, wie man in einem besetzten Land lebt, um zu spüren, was das bedeutet und welchen Druck Fremdbestimmtheit erzeugt.

MEIN NIBELUNGENBRÜCKE-MOMENT

Es muss an einem Samstag oder Sonntag vor dem Abzug der Besatzungsmächte gewesen sein. Ich saß am Rücksitz unseres Autos. Meine Eltern saßen vorne, und wir fuhren von den Großeltern am Linzer Pöstlingberg nach Eferding, wo der Stammsitz unseres Unternehmens ist und wir damals auch wohnten.

Linz war damals eine geteilte Stadt. Die Donau bildete die Zonengrenze zwischen dem amerikanischen Sektor am Südufer und dem sowjetischen Sektor im Norden. »In Linz herüben der Ami, in Urfahr drüben der Ruß - der Ritt über die Bruckn wird a harte Nuss!« Dieser Spruch war in der damaligen Zeit gang und gäbe und beweist, wie gut es den Linzern, den Oberösterreicher gelungen ist, eine unleidliche Zeit mit einer Prise Humor erträglich zu machen.

Wir fuhren also auf die Nibelungenbrücke zu. Je näher wir der russischen Zonengrenze kamen, umso stiller wurde es im Auto. Meine Eltern verstummten, ungute Stille und eine bedrückende, gespannte Atmosphäre machten sich breit. Gerade Kinder kriegen in der Luft liegende Spannungen bei Erwachsenen sehr schnell mit. Ein Sowjetstern, den ich damals mit Weihnachten und Christbaum verband, hing am gezimmerten Kontrollposten.

Die Soldaten schauten streng, die Gewehrläufe, die über ihre Schultern schauten, machten sie noch furchteinflößender. Meine Eltern wussten sehr genau, dass der Urfahraner Brückenkopf mit dem Kontrollposten zur damaligen Zeit kein Ort für Späße war. Schikanöse Ausweiskontrollen waren an der Tagesordnung, und es konnte unter Umständen lange dauern, bis die eigentlich kurze Strecke bewältigt war.

Nicht umsonst nannte der damalige oberösterreichische Landeshauptmann Heinrich Gleißner die Nibelungenbrücke zwischen Linz und Urfahr »die längste Brücke der Welt, sie verbindet Washington mit Moskau«. Dass Gleißner auf dieser längsten Brücke der Welt später einmal tanzen würde, konnte niemand ahnen. Als am Linzer Brückenkopf die ständigen Kontrollen des Personen- und Lastenverkehrs aufgehoben wurden, kam es zu einer spontanen Feier, in deren Verlauf der Landeshauptmann mit Elmire Koref, der Gattin des Linzer Bürgermeisters Ernst Koref, unter viel Beifall einen »Brücken«-Walzer tanzte.

Aber zunächst saßen wir, die Leitls im Familienauto auf dem Weg über die Nibelungenbrücke, nach wie vor in gedrückter Stimmung. Auf der anderen Donauseite begrüßte uns eine Holzwand, die zweidimensional ein Lebkuchenhaus darstellte.