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Magische Bilder

Die verschollenen Meister. Roman | Akram El-Bahay

E-Book (EPUB)
2023 Verlagsgruppe Lübbe Gmbh & Co. Kg
Auflage: 1. Auflage
ab 16 Jahre
ISBN: 978-3-7517-4794-3

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€ 14,99

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Kurztext / Annotation

Als der zwanzigjährige Art in einem Laden auf ein Foto stößt, das die Hinrichtung von Ludwig XVI. zeigt, gerät sein Leben aus den Fugen. Erst recht, als er erfährt, dass fünf weitere dieser Bilder existieren, die vergangene Ereignisse lange vor der Erfindung der Fotografie zeigen. Einst wurden die Meister der sechs magischen Familien, die den großen Königshäusern dienten, mit einem Zauber in diese sechs Fotografien verbannt. Als kurz darauf der Laden von finsteren Inquisitoren überfallen wird, die das Foto stehlen wollen, wird Art vollends in eine unglaubliche Verschwörung verstrickt: Offenbar will jemand die gefangenen Magier befreien. Und Art ist der Einzige, der die Bilder öffnen kann ...






Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Stimmen aus dem Nichts

»Das ist Magie, Artur.« Monsieur Rufus sah nicht einmal auf, als Art den kleinen Laden für Fotografie betrat, der versteckt in einer der Seitenstraßen nahe des Place de Clichy lag. Wieso weiß Monsieur Rufus eigentlich immer, dass ich es bin?, fragte sich Art. Der Engländer, der seine Kunden stets in einem eleganten Dreiteiler bediente, konnte ihn doch nicht nur daran erkennen, wie er die alte, knarrende Tür öffnete. Monsieur Rufus sah selten auf, wenn jemand hineinkam. Fast immer war er vertieft in seine Arbeit oder blätterte durch den Katalog einer Galerie. Als könnte er nicht genug von Fotos bekommen, egal wie viele er schon gesehen hatte. Als wäre er immer auf der Suche nach einem besonderen Bild.

Art verstand das allerdings sehr gut, denn er teilte die Begeisterung seines Chefs für die Kunst der Fotografie. »Entschuldigen Sie die Verspätung. Meine Vorlesung hat länger gedauert«, murmelte er und warf seinen Rucksack hinter den Tresen.

»Vorlesung.« Monsieur Rufus hatte eine amüsierte Miene aufgesetzt, als er nun doch den Kopf hob. »Fotografieren lernt man nicht in der Universität, sondern da draußen.« Er deutete aus dem großen Schaufenster, über das sich spiegelverkehrt die Buchstaben zogen, die den Namen des Ladens bildeten. Art de la photographie war von außen zu lesen. Art freute sich jedes Mal, wenn er den Schriftzug las. Welcher Laden konnte besser zu ihm passen als dieser, der seinen Namen in sich trug? Es regnete, und die Menschen liefen so hastig durch Paris, als fürchteten sie, im nächsten Moment fortgespült zu werden. »Zumindest, wenn es trocken ist«, fügte Monsieur Rufus hinzu und strich sich über seinen kurzgeschnittenen Vollbart, der denselben kastanienbraunen Ton hatte wie seine noch vollen Haare.

»Eine neue Ausstellung?«, fragte Art und deutete auf den Katalog in den Händen seines Chefs. Monsieur Rufus galt, das hatte Art schnell festgestellt, in der Kunstszene als absoluter Kenner für die Geschichte der Fotografie. Manchmal wunderte es Art, dass sein Chef nicht an der Universität lehrte, die er besuchte. Monsieur Rufus entwickelte nicht nur die Fotografien seiner Kunden, sondern unterstützte sie auch dabei, seltene Bilder zu finden. Es gab einen Markt für besondere Fotos in der Kunstszene. Und Arts Chef stand in dem Ruf, hervorragende Kontakte zu besitzen.

»Ja, aber eine schreckliche. Mit dem Wunder der Fotografie darf man so nicht umgehen. Sie haben das erste Foto der Welt verfremdet und zeigen es in zahllosen Variationen. Sie wollen so seine Seele herausstellen. Ich habe selbst eine Kopie dieses besonderen Bildes und weiß, dass es niemandem seine Seele offenbart, wenn man es in Neongelb einfärbt. So ein Unsinn, oder Artur? Nur in seiner unverfälschten Form ist es Magie.«

Wie immer, wenn jemand seinen vollen Namen nannte, zuckte Art kurz zusammen. »Sie meinen Joseph Nicéphore Niépces Ansicht von Le Gras?« Er beugte sich vor, um einen Blick auf den Katalog zu werfen. »Das erste Bild in der Geschichte der Menschheit. Aufgenommen vom Erfinder der Fotografie.«

»Ja«, murmelte Monsieur Rufus ein wenig gedankenverloren. »Nicéphore. Es war ein Wunder, als die Menschen damals lernten zu fotografieren. Eine äußerst seltsame Zeit. Beinahe magisch.«

»Sie klingen, als seien Sie dabei gewesen«, versuchte sich Art an einem Scherz.

Monsieur Rufus blickte zu Art auf und sah ihn mit einem seltsamen Ausdruck im Gesicht an. »So ein Unsinn«, erwiderte er nach einer kurzen Pause und lachte ein wenig zu laut. Dann widmete er sich wieder dem Katalog und deutete auf eine unverfremdete Abbildung des ersten Fotos der Geschichte. Wie immer, wenn er in Gedanken war, spielte Monsieur Rufus mit seinem Ring. Er war das einzig Auffällige, das er trug. Das silbergraue Schmuckstück hatte die Form eines Fuchses, der sich um den vierten Finger seiner rechten Hand wand.