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Kleine Geschichte des schlechten Benehmens in der KircheOverlay E-Book Reader

Kleine Geschichte des schlechten Benehmens in der Kirche

Guido Fuchs

E-Book (EPUB)
2021 Verlag Friedrich Pustet
Auflage: 1. Auflage
184 Seiten
ISBN: 978-3-7917-6203-6

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Kurztext / Annotation
In der Kirche benimmt man sich anders als im Wirtshaus oder auf dem Markt. Aber was ist angemessenes Verhalten in einem Gotteshaus? Die Frage stellt sich nicht erst, seit Kirchen mehr wegen ihrer Kunstschätze als zum Gottesdienst besucht werden. Durch die Jahrhunderte hindurch wird schlechtes Benehmen in der Kirche beklagt: lautes Schwätzen, Schlafen während der Predigt, freizügige Kleidung, Rauchen, Schnupfen, Tabak kauen, das Mitbringen von Tieren ... Was sind die Hintergründe solchen Benehmens: Unwissenheit oder religiöses Desinteresse? Auflehnung gegen die (kirchliche) Obrigkeit bzw. gesellschaftliche Normen oder einfach nur menschliche Schwäche? Findet man das nur 'im Volk' oder auch bei den liturgischen Diensten? Wer klärt über angemessenes Benehmen auf und wie geschieht das? Und: Inwieweit trägt die Liturgie selbst dazu bei, dass Menschen sich nicht immer der Feier gemäß verhalten?

Guido Fuchs, Dr. theol., geb. 1953, war apl. Professor für Liturgiewissenschaft an der Universität Würzburg, ist Herausgeber von 'Liturgie konkret' sowie Autor zahlreicher Bücher zur Theologie und Praxis des Gottesdienstes, Leiter des Instituts für Liturgie und Alltagskultur in Hildesheim.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Ein Adventsgottesdienst
Einführung

Im Prolog seines Romans "Wir in Kahlenbeck" (2012) beschreibt Christoph Peters einen Gottesdienst in dem fiktiven Ort Henneward an der deutsch-holländischen Grenze, an dem auch die Schüler des "Collegium Gregorianum Kahlenbeck" teilnehmen. Es ist ein katholisches Internatsgymnasium für Jungen - angelehnt an das reale "Collegium Augustinianum Gaesdonck" (bei Goch), wo Peters selbst Schüler war. Der Roman ist zeitlich in den 1980er-Jahren angesiedelt, die Schüler, die in ihm eine wesentliche Rolle spielen, gehören den oberen Klassen an, der Protagonist Carl Pacher ist knapp 15. Er interessiert sich für Fische, aber auch für Theologie, ist fromm erzogen und leidet unter dem Verhalten seiner Mitschüler in diesem ausführlich beschriebenen adventlichen Gottesdienst, zugleich auch an seiner eigenen Unfähigkeit, dem etwas entgegenzusetzen.

Es ist eine ganze Reihe von Beispielen schlechten Verhaltens der Schüler im Gottesdienst, die in diesem Prolog geschildert werden: lautes Reden miteinander während der ganzen Zeit; Anrempeln und Treten anderer Schüler sogar beim Kommuniongang; Popeln in der Nase und Wegschnippen des Popels; Furzen und Spucken; Kaugummi-Kauen; Verunglimpfen von liturgischen Texten durch Parodieren und Zitieren anderer Lieder; Ablehnen des Mitsprechens der Gebete; lautes Lachen - insgesamt eine sich durchziehende Ehrfurchts- und Rücksichtslosigkeit.

Die Erwachsenen aus dem Ort, die an diesem Gottesdienst teilnehmen, benehmen sich teilweise ebenfalls schlecht: Die Männer stehen überwiegend im Vorraum unter dem Turm, einige gehen während des Gottesdienstes vor die Kirche, rauchen und unterhalten sich dort über Schweinepreise und die Schließung der Molkerei. "Was ihre Söhne tun, haben sie auch schon getan", schreibt Peters. Selbst der Priester gibt kein gutes Bild ab, er kratzt sich, während er das Evangelium verkündet, mit ausgestrecktem Zeigefinger im Ohr. Und: Keiner der Erwachsenen schreitet bei dem störenden Verhalten der Schüler ein.

Natürlich geschieht das alles nur im Roman und nicht in der Wirklichkeit. Aber von der Wirklichkeit ist diese Beschreibung nicht allzu weit entfernt, wie ich es von meinem eigenen Erleben als Schüler im Internat und später als Präfekt in einem Seminar her weiß. Vielleicht ist es ein bisschen viel für einen Gottesdienst; Christoph Peters hat hier, wie er mir bestätigte, seine eigenen jahrelangen Erfahrungen aus verschiedenen Gottesdiensten während der Internatszeit zusammengetragen und zu dieser Szene komponiert.

Ich habe die Schilderung dieses Gottesdienstes als Einstieg in das Buch gewählt, weil in diesem Prolog nicht nur verschiedene Formen schlechten Benehmens zur Sprache kommen. Es wird vielmehr deutlich, dass die Fragen nach dem angemessenen Verhalten nicht nur die Gemeinde in den Kirchenbänken betrifft, sondern auch die liturgischen Dienste. Und es stellt sich die Frage danach, wer eigentlich zuständig ist, dass es ein dem Gottesdienst angemessenes Verhalten gibt.

Diesen und anderen Aspekten möchte ich in diesem Buch nachgehen. Es ist keine durchgängige Geschichte schlechten Benehmens, die es im Sinne einer Entwicklung nicht gibt. Vielmehr möchte ich einzelnen Phänomenen nachspüren und sie einordnen.

Dabei muss man auch den konfessionellen Kontext berücksichtigen; bisweilen kommen einem die Gebräuche in anderen Kirchen fremd, sonderbar, vielleicht auch unehrfürchtig vor, verglichen mit den eigenen Praktiken. Das ging vor allem Reisenden in früheren Jahrhunderten so, wenn sie Kirchen und Gottesdienste in anderen Ländern besuchten und sich über manche Verhaltensformen wunderten. Die jeweilige theologische Einschätzung des gottesdienstlichen Raumes spielt dabei eine wichtige Rolle und damit die Frage, was in ihm möglich und erlaubt ist und was nicht.

Weiterhin sind die Zeitumstände ein wichtiger Faktor: Ein kir