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Der Code des Kapitals

Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft | Katharina Pistor

E-Book (EPUB)
2020 Suhrkamp
Auflage: 1. Auflage
400 Seiten
ISBN: 978-3-518-76646-0

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€ 23,99

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Kurztext / Annotation

Kapital ist das bestimmende Merkmal moderner Volkswirtschaften, doch die meisten Menschen haben keine Ahnung, woher es tatsächlich kommt. Was verwandelt bloßen Reichtum in ein Vermögen, das automatisch mehr Reichtum schafft? Katharina Pistor zeigt in ihrem bahnbrechenden Buch, wie Kapital hinter verschlossenen Türen in Anwaltskanzleien geschaffen wird und warum dies einer der wichtigsten Gründe für die wachsende Ungleichheit in unseren Gesellschaften ist. Techniken, die vor Jahrhunderten Landbesitz in Kapital transformierten, dienen heute zur Codierung von Aktien, Anleihen, Ideen und Zukunftserwartungen. Ein großes, beunruhigendes Porträt der globalen Natur dieses Codes sowie der Menschen, die ihn gestalten, und der Regierungen, die ihn durchsetzen.



Katharina Pistor, geboren 1963, ist Edwin B. Parker Professorin of Comparative Law und Direktorin des Center on Global Legal Transformation an der Law School der Columbia University in New York. Für ihre Forschungen wurde sie vielfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Max-Planck-Forschungspreis 2012. Der Code des Kapitals. Wie das Recht Reichtum und Ungleichheit schafft wurde von der Financial Times und von Business Insider zu einem der besten Bücher 2019 gekürt.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

7Vorwort

Die Idee zu diesem Buch begleitet mich schon seit längerer Zeit. Zum ersten Mal kam sie auf, als das globale Finanzsystem im Herbst 2007 anfing, auf den Abgrund zuzusteuern. Die Geschwindigkeit der sich entfaltenden Krise ließ für ein tieferes Nachdenken nicht viel Zeit, doch sobald das Auge des Sturms vorbeigezogen war, habe ich, neben vielen anderen, versucht herauszufinden, was die enorme Expansion des Finanzsektors in den letzten Jahrzehnten erklären könnte und was zu seinem rapiden Niedergang geführt hat. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen aus verschiedenen Disziplinen war ich darum bemüht, die institutionelle Struktur verschiedener Segmente der Finanzmärkte eine nach der anderen aufzudecken. Am aufschlussreichsten an unseren Befunden war für mich, wie vertraut die grundlegenden Bausteine des Finanzsystems wirkten, trotz der fantastischen Vermögen, die es in der jüngeren Vergangenheit hervorgebracht hat, und ungeachtet seiner beispiellosen Komplexität. Überall, wo wir etwas tiefer gebohrt haben, stießen wir auf die Kerninstitutionen des Privatrechts: das Vertrags-, Eigentums-, Kreditsicherungs-, Trust-* , Gesellschafts- und Insolvenzrecht. Sie hatten die Expansion der Wertpapiermärkte befeuert, waren aber, wie sich herausstellte, auch entscheidende Determinanten für ihren Niedergang. Als die tatsäch8lichen Erträge dieser Anlagen hinter die erwarteten Renditen zurückzufallen begannen, setzten die Anleger ihre rechtlichen Ansprüche durch: Sie nahmen Sicherheitsnachschüsse, Kreditlinien, Rückkaufvereinbarungen und Ausnahmeregelungen in Anspruch und trugen damit zu einer Verschärfung der Krise bei. Einige kamen noch rechtzeitig heraus, doch viele andere fanden sich mit Papieren wieder, die ihnen niemand abkaufen würde, abgesehen von den Zentralbanken bestimmter Länder.

Nachdem ich die Kernmodule unseres komplexen Finanzsystems identifiziert hatte, begann ich, ihre Ursprünge in der Zeit zurückzuverfolgen. Ich untersuchte die Entwicklung der Eigentumsrechte, der einfachen Schuldtitel, der verschiedenen Arten von Bürgschaften und Pfändern, die zur Besicherung von Schuldverschreibungen verwendet wurden, die Entwicklung des use (von dem später noch die Rede sein wird) und des Trusts, der Gesellschaftsform und der Geschichte der Insolvenz, jener entscheidenden Nahtstelle, an der im Wirtschaftsleben Entscheidungen über Leben und Tod fallen. Je mehr ich las, desto stärker war ich davon überzeugt, dass das, was mit einer Untersuchung des globalen Finanzsektors begonnen hatte, mich zum Quell des Reichtums geführt hatte: der Herstellung des Kapitals.

Dieses Buch ist das Ergebnis dieser Reise. Das Kapital ist, wie ich in diesem Buch behaupten werde, rechtlich codiert. Gewöhnliche Güter sind einfach genau das, was sie sind - ein Grundstück, ein Versprechen, in der Zukunft bezahlt zu werden, die gebündelten Ressourcen von Freunden und Familie für die Gründung eines neuen Unternehmens oder individuelle Fähigkeiten und Knowhow. Doch jedes dieser Güter kann in Kapital verwandelt werden, indem es in jene Rechtsmodule gekleidet wird, die auch zur Codierung von forderungsbesicherten Wertpapieren (Asset-Backed Securities)*  und deren Deriva9ten verwendet wurden, die im Zentrum des Aufstiegs der Finanzbranche in den letzten Jahrzehnten standen. Diese rechtlichen Module, nämlich Vertrags-, Eigentums-, Kreditsicherungs-, Trust-, Gesellschafts- und Insolvenzrecht, können dazu verwendet werden, den Inhabern bestimmter Güter einen komparativen Vorteil gegenüber anderen zu verschaffen. Jahrhundertelang haben Rechtsanwälte an diesen rechtlichen Modulen gefeilt, sie an verschiedene Güter angepasst und damit den Wohlstand ihrer Mandanten gemehrt. Und die Staaten haben die Codierung des Kapitals dadurch unterstützt, dass sie ihre juristischen Zwangsmit