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Der ZopfOverlay E-Book Reader

Der Zopf

Roman | Seit 7. März 2024 im Kino | Laëtitia Colombani

E-Book (EPUB)
2018 S. Fischer Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
288 Seiten
ISBN: 978-3-10-490632-4

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Kurztext / Annotation
Der SPIEGEL-Bestseller - Drei Frauen, drei Leben, drei Kontinente - dieselbe Sehnsucht nach Freiheit Ergreife Dein Glück - überall auf der Welt kannst Du es finden! Die Lebenswege von Smita, Giulia und Sarah könnten unterschiedlicher nicht sein. In Indien setzt Smita alles daran, damit ihre Tochter lesen und schreiben lernt. In Sizilien entdeckt Giulia nach dem Unfall ihres Vaters, dass das Familienunternehmen, die letzte Perückenfabrik Palermos, ruiniert ist. Und in Montreal soll die erfolgreiche Anwältin Sarah Partnerin der Kanzlei werden, da erfährt sie von ihrer schweren Erkrankung. Ergreifend und kunstvoll flicht Laetitia Colombani aus den drei außergewöhnlichen Geschichten einen prachtvollen Zopf. In ihrem neuen Roman »Das Mädchen mit dem Drachen« erzählt Laetitia Colombani die bewegende Geschichte des Mädchens Lalita und einer Schule am Indischen Ozean - einem hoffnungsvollen Ort, der alles verändert.

Laetitia Colombani wurde 1976 in Bordeaux geboren, sie ist Filmschauspielerin und Regisseurin. Ihr erster Roman »Der Zopf« stand wochenlang auf der SPIEGEL-Bestsellerliste und wurde verfilmt. Für ihren zweiten Roman »Das Haus der Frauen« recherchierte Colombani im »Palais de la Femme« in Paris, einem Wohnheim für Frauen in Not. »Das Haus der Frauen« ist der erste Roman über Blanche Peyron, die 1926 unter widrigsten Umständen eines der ersten Frauenhäuser begründete. Die Idee für ihren dritten Roman »Das Mädchen mit dem Drachen« fand Laetitia Colombani in Indien, in einer Schule für Dalits, während der Vorbereitungen zur Verfilmung von »Der Zopf«. Laetitia Colombani lebt in Paris.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Giulia

Palermo, Sizilien

Giulia!

 

Mühsam öffnet Giulia die Augen. Von unten ertönt laut die Stimme ihrer Mutter.

 

Giulia! Scendi! Subito!

 

Kurz ist Giulia versucht, ihren Kopf unter dem Kissen zu vergraben. Sie hat nicht genug geschlafen - sie hat die Nacht wieder einmal mit Lesen verbracht. Doch sie weiß, sie muss aufstehen. Wenn ihre Mutter ruft, muss Giulia gehorchen - sie ist eine sizilianische Mutter.

 

Giulia!

 

Widerstrebend verlässt die junge Frau ihr Bett, zieht sich hastig an und geht in die Küche hinunter, wo ihre Mamma bereits ungeduldig am Werk ist. Ihre Schwester Adela sitzt am Frühstückstisch und lackiert sich in aller Ruhe die Fußnägel. Der Geruch des Lösungsmittels steigt Giulia scharf in die Nase, sie verzieht das Gesicht. Die Mutter serviert ihr eine Tasse Kaffee.

 

Dein Vater ist schon los. Du musst heute aufmachen.

 

Rasch greift Giulia nach den Schlüsseln der Fabrikhalle und verlässt das Haus.

 

Du hast gar nichts gegessen. Nimm dir wenigstens etwas mit!

 

Doch sie achtet nicht auf das, was ihre Mutter sagt, schwingt sich aufs Fahrrad und tritt kräftig in die Pedale. Die kühle Morgenluft wirkt belebend. Der Wind in den Straßen bläst ihr ins Gesicht. Als sie sich dem Markt nähert, weht ihr der Duft von Zitrusfrüchten und Oliven entgegen. Sie radelt am Stand des Fischers vorbei, der frisch gefangene Sardinen und Aal anpreist. Sie beschleunigt, fährt auf den Bordstein, lässt die Piazza Ballaro hinter sich, wo fliegende Händler lautstark ihre Kunden anlocken.

Schließlich erreicht sie die Sackgasse jenseits der Via Roma. Seit zwanzig Jahren - so alt ist Giulia heute - ist hier, in einem ehemaligen Kino, die Manufaktur ihres Vaters untergebracht. Er hat das alte Gemäuer gekauft, als der Umzug aus den vorherigen Räumlichkeiten sich nicht länger aufschieben ließ, sie waren zu eng geworden. An der Fassade kann man noch erkennen, wo damals die Filmplakate hingen. Doch die Zeit, in der die Palermitani in die Lichtspielhäuser strömten, um sich Komödien mit Alberto Sordi, Vittorio Gassman, Nino Manfredi, Ugo Tognazzi und Marcello Mastroianni anzusehen, ist lange vorbei ... Inzwischen haben die meisten kleinen Filmtheater zugemacht und sind wie dieses, das heute den Familienbetrieb beherbergt, umgestaltet worden. Giulias Vater hat die Umbaumaßnahmen seinerzeit eigenhändig durchgeführt. Aus der Projektionskabine machte er ein Büro, in den großen Vorführsaal zog er Fenster ein, damit die Arbeiterinnen dort genug Licht haben. Der Ort ähnelt Papa, denkt Giulia: Er hat etwas Strenges und strahlt dennoch Wärme aus. Trotz seiner legendären Wutanfälle schätzen und respektieren die Angestellten Pietro Lanfredi. Und seine Töchter kennen ihn als liebenden, wenn auch fordernden und autoritären Vater, er hat sie mit allen Regeln der Disziplin großgezogen und ihnen einen Sinn für gutes Handwerk vermittelt.

 

Giulia holt den Schlüssel hervor und öffnet die Pforte. Normalerweise ist ihr Vater der Erste. Er legt Wert darauf, die Arbeiterinnen persönlich zu begrüßen - wie es sich für einen Padrone gehört. Ein freundliches Wort hier, eine kleine Aufmerksamkeit dort, eine ermunternde Geste allerseits. Doch heute muss er seine Runde bei den Friseursalons in Palermo und Umgebung drehen. Vor dem Mittag wird er nicht zurücksein. Solange ist Giulia die Hausherrin.

Um diese Uhrzeit liegt die Fabrik ruhig da. Es wird nicht lange dauern, bis das Raunen und Rauschen unzähliger Stimmen, bis Gelächter und Lieder den Ort erfüllen. Aber noch herrscht Stille, man hört nur Giulias Schritte. Sie geht zum Umkleideraum der Arbeiterinnen und stellt ihre Sachen in den Spind, der mit ihrem Vornamen gekennzei