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Vor den Augen der WeltOverlay E-Book Reader

Vor den Augen der Welt

Wolodymyr Selenskyj und der Krieg in der Ukraine | Simon Shuster

E-Book (EPUB)
2024 Goldmann
528 Seiten
ISBN: 978-3-641-30708-0

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Kurztext / Annotation
»Dies ist das Selenskyj-Buch, auf das wir gewartet haben.« (Catherine Belton, SPIEGEL-Bestsellerautorin von »Putins Netz«)
»Das Volk der Ukraine will Frieden. Die Staatsführung der Ukraine will Frieden. Sie tut alles dafür, was sie kann. (...) Doch wenn ihr uns angreift, werdet ihr unsere Gesichter sehen, nicht unseren Rücken.« Seit er, nur wenige Stunden vor dem Angriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022, diese Worte an die russische Regierung richtete, fasziniert - und polarisiert - der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Welt. Der einstige Comedian wurde unversehens zum Kriegspräsidenten, dessen perfekt inszenierte Medienauftritte den Verlauf des Krieges entscheidend beeinflussen.

TIME-Korrespondent Simon Shuster berichtet seit Beginn der russischen Invasion aus dem Inneren des Präsidentenpalasts, zweimal ist er mit dem ukrainischen Präsidenten an die Front gereist. Er hat, wie kaum ein anderer, Zugang zu Selenskyi, seiner Frau, seinen Freunden, seinen hochrangigen Mitarbeitern und Beratern. Mit Vor den Augen der Welt ist Shuster nicht nur eine einzigartig facettenreiche und intime Biografie des ukrainischen Präsidenten gelungen, sondern auch die fesselnde und profund recherchierte Chronik eines unsere Weltordnung nachhaltig verändernden Krieges.


Simon Shuster berichtet seit über 15 Jahren über Russland und die Ukraine, die meiste Zeit davon als Korrespondent für das das US-Nachrichtenmagazin TIME. Er wurde in Moskau geboren und emigrierte als Kind, zwei Jahre vor dem Zusammenbruch der Sowjetunion, in die Vereinigten Staaten. Shuster gilt als exzellenter Kenner des russisch-ukrainischen Konflikts, seit der russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 berichtet er ausführlich über den Krieg in der Ukraine. Er lebt in Brooklyn, New York, verbringt aber derzeit einen Großteil seiner Zeit in Kyiv.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

PROLOG

An jenem Abend, an dem wir uns zum ersten Mal trafen, hinter der Bühne bei seiner Comedy-Show im Frühjahr 2019, wirkte Wolodymyr Selenskyj so verängstigt, wie ich ihn danach lange nicht mehr erleben würde. Es war nicht nur das Lampenfieber, das ihn vor Auftritten oft nervös machte. An jenem Abend schien er halb stumm vor Angst zu sein. Er hatte die Unterlippe zwischen die Zähne gepresst, den Blick auf den Boden gerichtet, ohne den Lärm und die Menschen um sich herum zu bemerken. Vor etwa drei Monaten hatte er sich um das Amt des Präsidenten der Ukraine beworben, und die Premiere seiner neuen Unterhaltungsshow sollte in weniger als einer Stunde beginnen. Selenskyj würde die Hauptrolle spielen, den Zirkusdirektor in seiner besonderen Art von Kabarett, und Millionen von Zuschauern würden die Sendung im Fernsehen verfolgen, seinem bevorzugten Medium.

Die guten Plätze für das Live-Event im Palast Ukrajina, einer der größten Veranstaltungshallen der Ukraine, kosteten mehr als ein durchschnittliches ukrainisches Monatseinkommen. Als ich eintraf, herrschte am Eingang Tumult. Nicht nur die High Society der Stadt stand vor den Metalldetektoren Schlange, sondern auch viele Rentner, Hipster und Büroangestellte, junge Paare, die sich einen teuren Abend gönnten, die gesamte Bandbreite der Mittelschicht, die seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion in der Ukraine entstanden war. Alle waren sie Fans von Selenskyj. Bald sollten sie seine Wähler werden.

Ganz vorne in der Menge stand eine seiner Medienberaterinnen, Olha Rudenko, die Selenskyj in jenem Sommer ins Parlament begleiten sollte. Sie zog mich durch die Tür und zeigte mir den Weg hinter die Bühne, wo die Darsteller bereits ihre Kostüme trugen. Einige kamen mir aus Filmen bekannt vor, aber es war schwer, in der Masse von Produzenten und Backgroundtänzern, den Schauspielern, die sich am Bühneneingang drängelten, den Maskenbildnern und Beleuchtern, dem Chor von Mädchen mit gekräuselten Haaren und weißen Kleidern, irgendjemanden zu erkennen. Die älteren Mitglieder der Truppe wussten, dass sie den Star vor der Show nicht stören durften. »Geben Sie ihm einen Augenblick«, sagte Rudenko, als sie sah, wie ich mich Selenskyj näherte. »Ich stelle Sie vor, wenn es vorbei ist.«

Er hatte viel im Kopf, viel mehr als nur die Veranstaltung des Abends. Früher am Tag hatte jemand eine Bombendrohung für die Aufführung hinterlassen.[1] Die anonyme Stimme am Telefon sagte, das Gebäude sei mit Sprengstoff präpariert, der mitten in der Vorstellung detonieren werde. Es klang wie ein Scherz, und Selenskyj riet seiner Truppe, nicht in Panik zu geraten. Höchstwahrscheinlich, so dachte er, war es ein Unterstützer einer der anderen Präsidentschaftskandidaten, der versuchte, seine große Premiere zu sabotieren. Dennoch waren die Veranstalter gesetzlich verpflichtet, Vorsichtsmaßnahmen zu treffen, und einige Polizeibeamte waren mit einer Hundestaffel gekommen, um die Garderobe und die Verkaufsstände zu durchsuchen. Sie fanden nichts Verdächtiges, aber die Polizisten rieten den Verantwortlichen trotzdem, die Vorstellung abzusagen. Am Nachmittag besprach sich Selenskyj mit dem Management des Hauses, und man beschloss weiterzumachen. Die Besucher wurden nicht einmal über die Gefahr aufgeklärt. Es waren mehr als dreitausend Menschen im Saal, genug, dass es zu einer Massenpanik gekommen wäre, wenn Selenskyj ihnen von der Bombendrohung berichtet hätte. Also tat er so, als wäre alles in Ordnung, und ließ sein Publikum die Vorstellung in Unkenntnis genießen.

Nicht einmal alle Darsteller waren sich der Gefahr bewusst. Während der Show saßen sie zwischen ihren Sketchen hinter der Bühne auf Kostümkoffern herum, aßen eine Kleinigkeit und stießen miteinander an. Eine Handvoll von ihnen arbeitete schon seit Jahrzehnten mit Selenskyj zusammen, und dies war die letzte große Show, bevor er bei den Wahlen von der Satire in