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Die ungeduldigen FrauenOverlay E-Book Reader

Die ungeduldigen Frauen

Djaïli Amadou Amal

E-Book (EPUB)
2022 Orlanda Verlag
Auflage: 1. Auflage
176 Seiten
ISBN: 978-3-949545-03-0

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Kurztext / Annotation
Drei Frauen, drei Geschichten, drei miteinander verbundene Schicksale. Dieser mehrstimmige Roman schildert das Leben von Ramla, Safira und Hindou, die im Norden Kameruns als muslimische Fulben aufwachsen. Die junge Ramla, die von einer Zukunft als gebildete Frau träumt, wird als Zweitfrau mit Safiras viel älterem, polygamen Mann zwangsverheiratet, während ihre Schwester Hindou gezwungen wird, ihren Cousin zu heiraten. »Munyal! Geduld!«, ist der einzige Rat, den die drei Frauen immer wieder von ihrem Umfeld erhalten und der sich durch ihr Leben zieht. Doch sie sind ungeduldig und beginnen, jede auf ihre eigene Weise, sich gegen die Konventionen und die Gewalt, die sie erfahren, zu wehren. Zwangsheirat, häusliche Gewalt und Polygamie: Dieser Roman ist das Zeugnis einer traurigen Realität. Amadou Amal bricht Tabus, indem sie nicht nur die Lage der Frauen in der Sahelzone anprangert, sondern ihre starke Stimme gegen das universelle Problem der Gewalt gegen Frauen erhebt. Ein wichtiger Beitrag für die Rechte von Frauen.

Djaïli Amadou Amal, Autorin und Menschenrechtsaktivistin, wurde als muslimische Fulbe mit 17 Jahren zwangsverheiratet und hat alle Tiefen und Formen der Unterdrückung einer Frau aus der Sahelzone durchlebt. 2012 gründete sie die Vereinigung »Femmes du Sahel«, welche sich für die Bildung von Frauen und gegen geschlechtsspezifische Gewalt einsetzt. Ihr Buch »Die ungeduldigen Frauen« wurde 2019 mit dem Prix Orange du Livre en Afrique und 2020 mit dem Prix Goncourt des lycéens ausgezeichnet. Amadou Amal gilt als eine der wichtigsten Schriftstellerinnen Kameruns.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1

»Geduld, meine Töchter! Munyal! Das ist alles, was zählt: in der Ehe wie im Leben. Das ist, was wirklich zählt: in unserer Religion, unseren Bräuchen, unserem pulaaku. Geduld soll von nun an euer Leben bestimmen. Schreibt euch das ins Herz, wiederholt es immer wieder im Geiste! Munyal - vergesst das nie!«, mahnt mein Vater.

Ich halte den Kopf gesenkt, alle möglichen Gefühle stürmen auf mich ein. Meine Tanten haben Hindou und mich in die Wohnung unseres Vaters gebracht. Draußen ist der Wirbel um unsere Doppelhochzeit schon in vollem Gange. Die Autos stehen bereit. Die Familien der Bräutigame warten ungeduldig. Die Kinder sind von der festlichen Atmosphäre ganz aufgekratzt, kreischend tanzen sie um die Fahrzeuge herum. Unsere Freundinnen und jüngeren Schwestern stehen dicht bei uns, ohne etwas von unserer Angst mitzubekommen. Sie beneiden uns und träumen davon, eines Tages selbst im Mittelpunkt einer solchen Feier zu stehen. Die Griots sind da, Lauten- und Trommelspieler begleiten sie. Lauthals singen sie Loblieder auf die Familie und die neuen Schwiegersöhne.

Mein Vater sitzt auf seinem Lieblingssofa. In aller Ruhe nippt er an seinem Nelkentee. Auch meine Onkel Hayatou und Oumarou sind da, ein paar enge Freunde haben sich um sie herum versammelt. Die Männer haben die Aufgabe, uns letzte Ratschläge mit auf den Weg zu geben, aufzuzählen, welche Pflichten uns als Ehefrauen erwarten, und uns schließlich zu verabschieden - natürlich nicht, ohne uns vorher ihren Segen erteilt zu haben!

»Munyal, meine Töchter, denn Geduld ist eine Tugend. Gott liebt die Geduldigen«, bekräftigt mein Vater unbeirrt. »Mit diesem Tag habe ich meine Pflicht als euer Vater erfüllt. Ich habe euch aufgezogen und in unseren Sitten unterwiesen und übergebe euch heute verantwortungsbewussten Männern. Ihr seid jetzt große Mädchen - nein, Frauen! Ihr seid nun verheiratet und schuldet euren Männern Respekt und Achtung.«

Ich prüfe, ob mein Umhang richtig fällt. Es ist eine prachtvolle alkibbare. Zu Füßen unseres Vaters sitze ich neben meiner Schwester Hindou auf dem türkischen Teppich, dessen leuchtendes Rot im Kontrast zu unseren dunklen Kleidern steht. Um uns herum stehen unsere Tanten, die zu unseren großen kamo ernannt wurden und damit unsere Brautjungfern sind. Wie bei jeder Hochzeit gelingt es Goggo Nenné, Goggo Diya und ihrem ganzen Gefolge auch diesmal kaum, ihre Emotionen zu beherrschen. Ihr Schniefen tönt durch das Schweigen. Die Tränen haben tiefe Furchen auf ihren faltigen Wangen hinterlassen. Ihre verweinten Augen sind mit Stolz erfüllt. Durch uns lebt die Erinnerung an ihre eigene Hochzeit wieder auf. Auch sie wurden für den großen Abschied zum Vater geschickt, auch sie haben dieselben Ratschläge erhalten, die von Generation zu Generation an jede frisch verheiratete Braut weitergegeben werden.

»Munyal, meine Töchter!«, sagt mein Onkel Hayatou. Er macht eine kurze Pause, räuspert sich, dann zählt er ernst auf:

»Verrichtet eure fünf Gebete am Tag.

Lest den Koran, und eure Familie wird gesegnet sein.

Fürchtet euren Gott.

Seid eurem Mann untertan.

Hütet euren Geist vor Ablenkung.

Seid eurem Mann eine Sklavin und er wird euch ein Gefangener sein.

Seid ihm die Erde und er wird euch der Himmel sein.

Seid ihm der Acker und er wird euch der Regen sein.

Seid ihm ein Bett und er wird euch ein Heim sein.

Seid nicht trotzig.

Schätzt jedes Geschenk und weist nie eines zurück.

Seid nicht jähzornig.

Seid nicht geschwätzig.

Seid nicht nachlässig.