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Der Koch, der zu Möhren und Sternen sprach

Roman | Julia Mattera

E-Book (EPUB)
2022 Eichborn Ag
Auflage: 1. Auflage
223 Seiten; ab 16 Jahre
ISBN: 978-3-7517-2057-1

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Kurztext / Annotation

Der Gasthof von Elsa und Robert Walch ist eine Institution. Es ist Sommer, und die Touristen schwärmen von überall herbei, um inmitten friedvoller Natur Roberts köstliche Landküche zu genießen. Während seine Schwester Elsa sich um die Gäste kümmert, verbringt Robert seine Zeit am liebsten am Herd und in seinem prächtigen Gemüsegarten. Er erzählt den Möhren Geschichten, singt seinen Hühnern Wiegenlieder und ersinnt unter dem Sternenhimmel Rezepte voller Nostalgie. Bis eines Tages die temperamentvolle Maggie aus England eintrifft. Und ihn zum Tanz auffordert. Zunächst auf dem Parkett. Doch wird Robert es wagen, mit ihr auch das wahre Leben zu erkunden?



Julia Matterawuchs im elsässischen Mulhouse auf. Nach dem Studium der modernen Literatur arbeitete sie als Buchhändlerin, bevor sie sich selbst dem Schreiben widmete. InDER KOCH, DER ZU MÖHREN UND STERNEN SPRACHfindet nicht zuletzt ihre Liebe zu ihrer Heimat und der regionalen Kulinarik in atmosphärischen Bildern Niederschlag. Am liebsten schreibt sie in der Küche, während das Essen auf dem Herd vor sich hin köchelt.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

1

FRÜHSTÜCKSBROT UND MARMELADE

Es will schon gekonnt sein, ein Frühstücksbrot in einen Zichorienkaffee zu tunken. Bei manchen bricht die Scheibe auseinander, noch bevor sie zum Mund geführt wird. Bei anderen wird sie in der Flüssigkeit zu Brei. Robert Walch jedoch versteht es aufs Schönste, eine geröstete, mit Butter bestrichene Scheibe des hier üblichen locker gebackenen Bauernbrots so zu handhaben, dass sie genug Flüssigkeit aufnimmt, ohne dabei in die große Frühstückstasse hineinzufallen und ihm am Ende noch den Kaffee ins Gesicht zu spritzen. Zweifellos ist Robert ein echter Kenner dieses französischen Weizen-Sauerteigbrots, der miche. Für ihn ist die Qualität eines Brotes von ausschlaggebender Bedeutung. Ein Brot mit einer kräftigen Kruste und einer schnittfesten, zugleich aber lockeren Krume kann man eintauchen, ohne dass es sich auflöst. Mehr als einmal hat seine Schwester Elsa versucht, ihn zur weichen, knusprigen baguette zu bekehren, aber Robert bleibt hartnäckig: »Was ist schon eine mickrige baguette gegen eine schöne Scheibe miche? Die miche ist fest und rundlich wie eine hübsche Frau, eine baguette ist viel zu dürr!« So lautet seine Erwiderung, wenn sie versucht, ihn von seinen Gewohnheiten abzubringen. Man könnte entgegnen, dass Robert seine Einkäufe dann doch bitte selbst erledigen soll, anstatt Elsa mit seinem Dickschädel immer wieder zu verärgern. Aber so viel sei gesagt, er fährt nie in die Stadt.

Robert ist am liebsten zu Hause, nur da fühlt er sich wohl. Sein Alltag ist so präzise geregelt wie ein Schweizer Uhrwerk. Jede seiner Handlungen folgt einem festgelegten Muster. So war es immer, und wer es wagt, diese beruhigende Routine zu stören, wird mit reichlich schlechter Laune und vorwurfsvollen Schimpfereien bedacht, in denen ein elsässisches »Gott vertomi!« nicht fehlen darf. Denn in puncto Flüchen und der hohen Kunst des unverbesserlichen Starrsinns macht niemand Robert etwas vor. So ist es nun mal, und es wird sich auch nicht ändern: Der gute Mann ist der vollendete Sturkopf!

Man könnte also zu dem Schluss kommen, dass sein Leben nicht besonders aufregend ist. Zugegeben, seine kleinen Vergnügungen beschränken sich auf zeitlich und räumlich genau bemessene Aktivitäten, aber diesen Herausforderungen stellt er sich. Allerdings kommt auch nur er allein als Sieger infrage. Sei es, dass er in der Küche nur auf die roten Kacheln treten darf oder aber den Eintauchvorgang des Frühstücksbrotes zur olympischen Disziplin erklärt - Robert liebt den heimlichen Wettstreit ohne Zuschauer und ohne Konkurrenten. Deshalb ist es für ihn eine Ehrensache, jeden Morgen alles daranzusetzen, sein Marmeladenbrot zu verzehren, ohne sich den Schnurrbart zu bekleckern.

Im Wissen um die klebrigen Gefahren dieser sportlichen Herausforderung verläuft das Frühstück strengstens ritualisiert. Robert betreibt geradezu einen Kult darum, die Brotscheibe auf der milchigen Oberfläche zu balancieren. Die Stirn gerunzelt, die Finger um zwei Suppenlöffel gekrallt, schwenkt er die Scheibe vorsichtig hin und her, bis beide Seiten von der Flüssigkeit getränkt sind. Denn das ist das Entscheidende für ihn. Das Frühstücksbrot muss den Zichorienkaffee gut aufsaugen und dabei dennoch seine athletische Spannung bewahren. Wehe dem Brot, das einen Kopfsprung wagt, um sich dann unverzüglich aufzulösen! Robert sähe sich gezwungen, es in einem Schluck hinunterzuschlürfen, um keinesfalls die wabbligen Bruchstücke einzeln essen zu müssen. 1, 2, 3 ... beginnt er zu zählen, bei 6 schiebt er dann beide Löffel sachte unter die Scheibe, hebt sie aus der Tasse und beißt endlich genüsslich hinein.

»Mon Dieu, Robbie! Geht es vielleicht auch etwas leiser?«, rügt ihn Elsa, die an einer Mandelmilch nippt.

Keine Reaktion. Nichts kann Roberts Vergnügen sch