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Das AustauschkindOverlay E-Book Reader

Das Austauschkind

Christine Nöstlinger

E-Book (EPUB)
2021 S. Fischer Verlag Gmbh
Auflage: 1. Auflage
176 Seiten; ab 11 Jahre
ISBN: 978-3-7336-0356-4

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Kurztext / Annotation
So hat Ewald sich den Schüleraustausch nicht vorgestellt! Statt des anständigen Tom kommt dessen Bruder Jasper in Ewalds Familie und versetzt mit seinem eigenartigen Benehmen alle in Schrecken. 'Jasper, the devil' hält nichts von Anstand, er futtert tonnenweise Pommes, verspielt sein Geld im Spielautomaten und klaut im Supermarkt Schokolade. Und dann - verliebt er sich auch noch. Schwierige Zeiten für Ewald und seine Familie! Christine Nöstlingers Klassiker der Kinder- und Jugendbuchliteratur stand auf der Auswahlliste für den Deutschen Jugendliteraturpreis. Mit neuen Illustrationen von Barbara Jung.

Christine Nöstlinger (1936-2018) wurde in Wien geboren und wuchs im Arbeitermilieu der Wiener Vorstadt auf, wo sie nach eigener Aussage als ?besseres Kind? galt, da ihre Mutter einen Kindergarten leitete und ihr Großvater ein eigenes Geschäft besaß. Sie studierte Graphik und widmete sich seit 1970 ganz dem Schreiben. Sie hat über hundert Bücher für Kinder und Jugendliche veröffentlicht, die in viele Sprachen übersetzt und u. a. mit dem Hans-Christian-Andersen-Preis und dem Astrid-Lindgren-Gedächtnispreis für Literatur gewürdigt wurden.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Die erste Halbzeit mit Jasper
Sonntag, 19. Juli

Der Papa und die Mama wollten Jaspers Gepäck zu unserem Auto tragen, aber da knurrte Jasper. Er knurrte wirklich. So wie ein großer Hund, dem man den Fleischknochen wegnehmen will. Erschrocken ließen der Papa und die Mama von ihrer Hilfsbereitschaft ab. Jasper packte Binkel, Tasche und Koffer. Den Briefbogen mit dem Gipfelkreuzfoto hatte er vorher einfach fallen lassen, und die Mama hatte ihn, freundlich lächelnd, aufgehoben und zum Papa gesagt: »Er ist halt noch sehr verwirrt! Das ist ja kein Wunder!«

Als wir zum Auto gekommen waren, öffnete der Papa den Kofferraumdeckel, und Jasper warf Tasche und Koffer in den Kofferraum. Der Papa wollte den Araber-Wandersmannbinkel hinterherwerfen, aber der Binkel war zum Werfen zu schwer.

»Uff«, stöhnte der Papa. »Was hat der Knabe denn da drinnen?« Der Papa hievte den Binkel schnaufend in den Kofferraum. »Der hat an die zwanzig Kilo!« »Das ist garantiert seine Flusskieselsammlung«, sagte der Peter. »Die schleppt er meistens mit!« »Interessant, ein kleiner Sammler«, sagte der Papa, lächelte dem Jasper zu und deutete auf den Arafatbinkel im Kofferraum. »Stones?«, fragte er.

Jasper gab ihm keine Antwort.

»In Austria we have many stones«, fuhr der Papa tapfer fort. »If you are interested in stones, you will make eyes by us!«

Jasper gab wieder keine Antwort. Er ignorierte den Papa komplett. Der Papa seufzte und stieg ins Auto. Wir stiegen auch ein. Jasper vorn, neben dem Papa. Die Mama hinten, zwischen dem Peter und mir. Ich überlegte, wie das auf einen Engländer wirken muss, wenn er vernimmt: »You will make eyes by us!« Ich musste grinsen. Peter sagte zu mir: »Dir wird das Grinsen noch vergehen, das schwör ich dir!«

Der Papa versuchte dem Jasper beim Fahren ein bisschen von der Umgebung zu erklären. »This is the big Oil-Raffinerie!«, und »This is a little town named Schwechat.« Und: »This is Zentralfriedhof. All dead people of Vienna are living here!« Jasper nahm sich nicht die Mühe, nach allen Wiener Toten, die auf dem Friedhof leben, auszuschauen. Auch die schöne Meldung vom Papa: »Now we drive the belt along!« (womit er sagen wollte: »Wir fahren den Gürtel entlang.« - so heißt nämlich bei uns eine Straße) ließ ihn tief unbeeindruckt. Jasper hatte aus der Latzhosenlatztasche einen Beutel Aschanti geholt. Aschanti samt Schale. Er bröselte die Aschantikerne aus den Schalen und mampfte sie. Die Schalen, sowohl die großen Stücke als auch die kleinen, fielen auf seine prallen Hosenbeine. Von dort beförderte sie Jasper auf unseren schwarz plüschenen Wagenboden. Ich schaute verstohlen, aber sehr neugierig, meine Mutter an. Unser Auto innen total sauber zu halten ist eines unserer obersten Familiengebote. Jedes Zuwiderhandeln von mir oder meiner Schwester wurde von meiner Mutter bisher mit langem und lautem Gezeter geahndet. Aber jetzt lächelte meine Mutter noch immer. Bloß ein wenig eingefroren wirkte das Lächeln.

Meine Mutter sagte: »Peter, bitte, sag dem Jasper, dass er mit der Aschantiesserei aufhören soll. Ich habe eine gute Torte für ihn gebacken. Wenn er so weitermampft, hat er keinen Hunger mehr!«

Peter schüttelte den Kopf. »Ich red nur im Notfall mit ihm«, sagte er, auf den Sitz von Jasper deutend. »Wir sind nämlich todfeind. Und außerdem« - Peter schaute meine Mutter mitleidig an - »tut er sowieso nie, was man ihm sagt. Der macht eisern das Gegenteil!« »Aber, aber, Peter«, sagte meine Mutter. »So arg wird es schon nicht sein!« Ihr Lächeln war jetzt tiefgefroren. »Haben Sie eine Ahnung!«, Peter starrte grimmig auf die Nackenstütze vor sich und auf die rotblonden Haarbüschel um die Nackenstütze herum. »Schicken Sie ihn wieder zurück!«, sagte er. »Sie kriegen nur Ärger mit ihm!«

Der Kopf von Jasper zuckte von der Nackenstütze weg, Jasper drehte sich zu uns um, steckte de