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Das Café der ExistenzialistenOverlay E-Book Reader

Das Café der Existenzialisten

Freiheit, Sein und Aprikosencocktails | Sarah Bakewell

E-Book (EPUB)
2016 Verlag C.h.beck
Auflage: 1. Auflage
449 Seiten
ISBN: 978-3-406-69765-4

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1;Cover;1 2;Titel;3 3;Impressum;4 4;Widmung;5 5;Inhalt;7 6;Inhalt;7 7;Erstes Kapitel: Monsieur, wie schrecklich, Existenzialismus!;13 7.1;Du kannst über diesen Cocktail sprechen, und das ist Philosophie!;13 7.1.1;Du bist frei, also wähle!;18 7.1.2;Existenzialismus als Lebensform;24 7.1.3;Kierkegaard und Nietzsche;30 7.1.4;Befreiung von jeder Unterdrückung;35 7.1.5;Sartres letzter Auftritt;38 7.1.6;Wieder über Freiheit sprechen;40 7.1.7;Das Café der Existenzialisten;45 7.1.8;Was ist das überhaupt, Existenzialismus?;48 8;Zweites Kapitel: Zu den Sachen selbst;51 8.1;Husserl oder Das vor Augen Stehende beschreiben;52 8.2;Wie aus Kaffee Phänomenologie wird;56 8.3;Ein fleißiges Eichhörnchen;61 8.4;Das Bewusstsein, hell und klar;63 8.5;Cartesianische Meditationen;65 9;Drittes Kapitel: Der Zauberer von Meßkirch;67 9.1;Meister des Staunens;67 9.2;Das phänomenologische Kind;68 9.3;Ein Romancier der Moderne;75 9.4;Die Sorge, das Zeug und das Mitsein;79 9.5;Die Stadt der zwei Phänomenologien;83 9.6;Wie ein verbogener Nagel alles in Frage stellt;85 9.7;Auf dem Zauberberg;88 10;Viertes Kapitel: Das «Man», der Ruf;91 10.1;1933, ein «unheimliches» Jahr;91 10.2;Aufruf zum Widerstand?;95 10.3;Heideggers Nationalsozialismus;96 10.4;Karl Jaspers' lange Beine;99 10.5;Verschlüsselte politische Botschaften;106 10.6;Der Charakterlose;108 10.7;Kehre und Kitsch;111 10.8;Flucht der Schüler, Tod des Lehrers;113 11;Fünftes Kapitel: Blühende Mandelbäume abweiden;119 11.1;Some of These Days;119 11.2;Zähflüssiges, Klebriges, Schleim;125 11.3;Leben und Schreiben, gegen die Bourgeoisie;129 11.4;Simone de Beauvoir und Maurice Merleau-Ponty;132 11.5;Notwendige und zufällige Liebe;135 12;Sechstes Kapitel: Ich möchte nicht, dass man mich zwingt, meine Manuskripte zu fressen;143 12.1;Eine Woche im Herbst 1938;143 12.2;Die Rettung des Husserl-Nachlasses;146 12.3;Merleau-Ponty und das Geheimnis von Husserls Spätwerk;151 12.4;Von der Côte d'Azur in den Krieg;155 12.5;Edith Stein, Phänomenologin und Heilige;156 13;Siebtes Kapitel: Okkupation und Befreiung;161 13.1;Der komische Krieg;161 13.2;Ein glücklicher Gefangener;165 13.3;Résistance, im Alltag;167 13.4;Keep Calm and Carry On;170 13.5;Absurd oder nicht absurd;175 13.6;Frei oder nicht frei;178 13.7;Handeln gegen die Unfreiheit;184 13.8;Schmutzige Hände;187 13.9;Moderne Zeiten;190 13.10;Existenzialismus und Jazz;192 13.11;Traduit de l'américain;194 13.12;Amerikanische Missverständnisse;199 14;Achtes Kapitel: Verwüstung;203 14.1;Auf Burg Wildenstein;203 14.2;Das Geräumige, das in der Weite waltet;206 14.3;Expedition und Sanatorium;207 14.4;Heideggers Kehre;209 14.5;Marcuse fragt, Heidegger schweigt;216 14.6;Jaspers kommuniziert, und Heidegger begeistert;218 14.7;Lévinas verlässt das Heidegger-Klima;222 14.8;Moral und Mystik;225 14.9;Hat Heidegger Sartres «Dreck» gelesen?;228 14.10;«Die Fliegen» in Berlin;230 14.11;Der Alte vom Berg;233 15;Neuntes Kapitel: Studien nach dem Leben;237 15.1;Simone de Beauvoir und das andere Geschlecht;237 15.2;Sartre, der Blick und die Liebe;241 15.3;Angewandter Existenzialismus;243 15.4;Sartre über Sartre, Genet und andere;247 15.5;Flaubert, der Idiot der Familie;251 15.6;Wenn Sartre Freud analysiert;254 15.7;Eine bizarre Häufung von Unwahrscheinlichkeiten;255 16;Zehntes Kapitel: Der tanzende Philosoph;259 16.1;Was geschieht, wenn wir an unserem Cocktail nippen;259 16.2;Ich denke, also gibt es andere;261 16.3;Verwoben mit der Welt;267 16.4;Anmut und Charme;269 16.5;An den schattigen Rändern der Philosophie;272 17;Elftes Kapitel: Croisés comme ça;275 17.1;Opfer für den Kommunismus;275 17.2;Koestler und die Unmöglichkeit der Freundschaft;281 17.3;Die schreibende Hyäne;284 17.4;Das Taubenkomplott und Sartres Kehre;287 17.5;Camus, der Konterrevolutionär;291 17.6;Alors, c'est fini;294 17.7;Die Mandarins von Paris;299 17.8;Besser, mit Sartre zu irren;300 17.9;Schreiben, schreiben, schreiben und ein Röhrchen Corydran;302 17.10;Eine neue Kehre;305 18;Zwölftes Kapitel: Mit den Augen der Benachtei

Kurztext / Annotation
Wie macht man Philosophie aus Aprikosencocktails? Für Sartre kein Problem: Er machte Philosophie aus einem Schwindelgefühl, aus Voyeurismus, Scham, Sadismus, Revolution, Musik und Sex. Sarah Bakewell erzählt mit wunderbarer Leichtigkeit, wie der Existenzialismus zum Lebensgefühl einer Generation wurde, die sich nach radikaler Freiheit und authentischer Existenz sehnte. Ihre meisterhafte Kollektivbiographie der Existenzialisten ist zugleich eine höchst verführerische Einladung, die existenzialistische Lebenskunst heute neu zu entdecken. 'Sarah Bakewell bringt alle Voraussetzungen mit, um uns die Geschichte des Existenzialismus neu zu erzählen. ... Sie schreibt brillant, mit leichter Feder und einem sehr britischen Humor, und bietet faszinierende Einsichten.' The Guardian 'Sie hat den Dreh raus, wie man zentrale Ideen auf den Punkt bringt.' Financial Times 'Skurril, witzig, klar und leidenschaftlich.' Daily Mail 'Ein Page-Turner.' The Paris Review

Sarah Bakewell lebt als Schriftstellerin in London, wo sie Creative Writing an der City University lehrt und für den National Trust seltene Bücher katalogisiert.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Viertes Kapitel

Das «Man», der Ruf

in dem Sartre Albträume hat und Heidegger zu denken versucht, Karl Jaspers bestürzt ist und Husserl zu Heroismus aufruft

1933, ein «unheimliches» Jahr

Heideggers magnetisierende Auftritte 1929 erhöhten nur die Anziehungskraft seiner Philosophie in einem Land, das nach dem Ersten Weltkrieg und der Hyperinflation 1923 in einer noch schwereren wirtschaftlichen Katastrophe zu versinken drohte. Viele Deutsche empfanden die Revolution von 1918/19 wie einen Staatsstreich, durch den Sozialdemokraten und Kommunisten das gute alte Kaiserreich zerstört hätten. Man munkelte über mutmaßliche Pläne von Juden und Kommunisten, den Staat zu unterminieren. Heidegger schien diesen Argwohn zu teilen. Auch er fühlte sich orientierungslos und verachtete die Weimarer Demokratie.

Besucher jener Jahre erschraken über Elend und Armut, die die Menschen links- und rechtsextremen Parteien in die Arme trieben. Raymond Aron, der 1930 erstmals in Deutschland war, fragte sich schockiert, was Europa tun müsse, um nicht in einen neuen Krieg hineinzuschlittern.[1] Zwei Jahre später bereiste die junge französische Philosophin Simone Weil Deutschland und berichtete für eine linksgerichtete Zeitung über Not und Arbeitslosigkeit, die das soziale Gefüge zerstörten. Wer einen Arbeitsplatz habe, schrieb sie, lebe in der ständigen Angst, ihn zu verlieren. Wer sich keine Wohnung leisten könne, verliere das Dach über dem Kopf oder müsse auf Kosten seiner Angehörigen leben, was die Familienbeziehungen extrem belaste. Das Unglück könne jeden treffen: «Greise mit steifem Kragen und Melone betteln an den U-Bahn-Ausgängen oder singen mit gebrochener Stimme auf der Straße.»[2] Die Alten litten, aber die Jungen, die nichts anderes kannten, konnten sich nicht einmal in schöne Erinnerungen flüchten.

Revolution lag in der Luft, aber man konnte nur spekulieren, wohin die politische Entwicklung führen würde: in Richtung der Kommunisten oder der Nationalsozialisten. Simone Weil setzte ihre Hoffnung auf die Linken, befürchtete aber, dass in einer so verzweifelten Lage die strenge Disziplin der uniformierten nationalsozialistischen Aufmärsche eindrucksvoller und attraktiver war als vage sozialistische Träume von Gleichheit.[3] Sie sollte recht behalten. Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Einst eine belächelte Randfigur, beherrschte Hitler jetzt das Land. Die Wahlen am 5. März stärkten seine Partei, die NSDAP. Am 23. März erhielt er mit dem Ermächtigungsgesetz nahezu unumschränkte Vollmachten, die er im Lauf des Sommers weiter ausbaute. Zwischen Arons Aufforderung an Sartre, ausgesprochen nach dem Gespräch über Aprikosencocktails, und dessen Aufbruch nach Berlin veränderte sich das Land so stark, dass es kaum wiederzuerkennen war.

Die ersten Umbrüche zeigten sich schon in jenem Frühjahr, und sie schränkten das Leben der Menschen in elementarer Weise ein. Bereits im März gab es willkürliche Verhaftungen, Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen. Mit neuen Verordnungen wurden das Brief- und das Telefongeheimnis aufgehoben - persönliche Freiräume, die bis dahin als unantastbar gegolten hatten.[4] Im April wurde zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen, und das «Berufsbeamtengesetz» erlaubte es, jüdische und politisch missliebige Staatsbedienstete zu entlassen. Am 2. Mai wurden die Gewerkschaften verboten. Am 10. Mai fand die erste öffentliche Bücherverbrennung auf dem Berliner Opernplatz statt. Am 14. Juli 1933 wurden alle politischen Parteien außer der NSDAP