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Putinland

Der imperiale Wahn, die russische Opposition und die Verblendung des Westens | Der SPIEGEL-Bestseller jetzt im Taschenbuch - umfassend aktualisiert und erweitert | Leonid Wolkow

E-Book (EPUB)
2022 Verlagsgruppe Droemer Knaur
Auflage: 1. Auflage
240 Seiten
ISBN: 978-3-426-46663-6

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Kurztext / Annotation
Was der Westen nicht wissen wollte: die brisante Analyse des »Außenministers der russischen Opposition« Unter Putin hat sich Russland zu einer imperialistischen Diktatur verwandelt, die die Werte und das Lebensmodell des Westens bedroht. Wie das passiert ist und warum Europa es bis zuletzt ignoriert hat - das analysiert Leonid Wolkow, ein enger Vertrauter des inhaftierten Dissidenten Alexei Nawalny. Anhand persönlicher Erfahrungen im Kampf gegen Korruption und Willkürherrschaft legt er die brutale imperialistische Dynamik in Putins Reich offen und zeigt, was man in Deutschland und Europa nicht wahrhaben wollte. Wer Russland, Putin und den Angriffskrieg gegen die Ukraine verstehen will, kommt an seiner brisanten Analyse nicht vorbei. Noch zu Beginn der ersten Amtszeit von Wladimir Putin war Russland ein Land bis dahin ungeahnter Möglichkeiten und Entwicklungschancen. Junge Menschen, unter ihnen auch Leonid Wolkow, begannen, sich politisch zu engagieren, forderten Teilhabe und waren bereit, die Zukunft mitzugestalten. Doch Putins Ziel war nie die offene Gesellschaft. Spätestens, als er 2012 seine Rückkehr ins Präsidentenamt verkündete, brach sich der Autoritarismus vom Kreml ausgehend Bahn. Nach der Annexion der Krim, der Zerschlagung der Opposition und dem Giftanschlag auf Alexei Nawalny eskalierte diese Entwicklung 2022 mit dem völkerrechtswidrigen Überfall auf die Ukraine. Als Wahlkampfmanager, enger Mitarbeiter und Freund Nawalnys hat Wolkow die Entstehung der russischen Diktatur hautnah miterlebt und war selbst mehrfach inhaftiert. Aus dem Exil heraus analysiert er nun, was in Deutschland und Europa aufgrund wirtschaftlicher Interessen und geopolitischer Naivität geflissentlich ignoriert wurde. Doch trotz aller Gefahr, die von Moskau für die freie Welt ausgeht, so Wolkow: Putins Zeit läuft ab. Und Russlands Zukunft liegt in Europa. Wolkow ist politischer Direktor der von Alexei Nawalny begründeten Antikorruptionsstiftung FBK. Seit 2009 ist er politisch aktiv, als er für vier Jahre zum Abgeordneten der städtischen Duma von Jekaterinburg gewählt wurde. 2013 leitete er die Kampagne Alexei Nawalnys bei der Moskauer Bürgermeisterwahl und 2018 als Stabschef dessen Präsidentschaftswahlkampf. Seit 2019 lebt er in Litauen.

Leonid Wolkow (Jg. 1980) betrat 2009 die politische Bühne und wurde für vier Jahre zum Abgeordneten der städtischen Duma von Jekaterinburg gewählt. 2013 leitete er die Kampagne Alexei Nawalnys bei der Moskauer Bürgermeisterwahl, 2018 als Stabschef dessen Präsidentschaftswahlkampf. Seit 2019 lebt er in Litauen, von wo aus er für Alexei Nawalnys Antikorruptionsstiftung arbeitet. Für sein Engagement verleiht ihm die Theodor Heuss Stiftung 2023 den 58. Theodor Heuss Preis.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Einführung

Im November 2021 fuhr ich nach Washington zu Gesprächen mit US-amerikanischen Politikern. Wir diskutierten, wie Alexei Nawalny frei zu bekommen sei, auf welche Weise sich der Druck auf Putins Regime erhöhen ließe, wie ein Wandel in Russland bewirkt werden könnte. Wir besprachen ein mögliches Szenario für die Zukunft Russlands. Ab einem bestimmten Moment fiel mir jedoch auf, dass meine Gegenüber nicht mehr recht bei der Sache waren, dass ihre Gedanken abschweiften. Sie fragten mich stattdessen immer wieder, was ich zum unmittelbar bevorstehenden, unvermeidlichen Krieg in der Ukraine dächte. Ich wunderte mich. Ich glaube, ich musste sogar lächeln. Was für ein Krieg? Wovon reden die?

Für einen Krieg gebe es in der russischen Gesellschaft keine Unterstützung, antwortete ich. Und es herrsche auch nicht die propagandistisch herbeigeführte Hysterie, die notwendig wäre, um einen Krieg zu beginnen. Die Tatsache, dass Putin an der ukrainischen Grenze Truppen zusammenzog, bedeutete meiner Meinung nach nicht, dass er die Ukraine tatsächlich angreifen wollte. Militärische Drohkulissen waren ihm schon öfter als probates Mittel erschienen, um die westlichen Staatsoberhäupter zu beunruhigen und an den Verhandlungstisch zu zwingen, das war immer eine Art Erpressungsmethode gewesen. Aber im 21. Jahrhundert einen richtigen Krieg anzufangen, das wäre doch purer Wahnsinn.

Was dort gerade vor unseren Augen geschehe, entgegneten meine Gesprächspartner, seien definitiv Kriegsvorbereitungen. Es bestehe kein Zweifel daran, dass Putin einen Angriff auf die Ukraine plane, sie hätten verlässliche Informationen darüber. Ich hörte mir das an und dachte: Was für ein Unsinn. Ihr habt Putin offenbar all die Jahre hindurch nicht verstanden. Ihr begreift nicht, dass er nicht von irgendwelchen wahnsinnigen geopolitischen Ambitionen getrieben ist, sondern allein von dem Wunsch, sich grenzenlos zu bereichern und auf ewig an der Macht zu bleiben.

Putin ist ein kleines Licht, er folgt niederen Beweggründen. Das belegt zum Beispiel die Geschichte seines Schlosses am Schwarzen Meer. Als im Januar 2021 der Dokumentarfilm »Ein Palast für Putin« herauskam, eine Recherche der Antikorruptionsstiftung FBK von Alexei Nawalny, war Putin rasend vor Wut. Er ließ die Demonstrationen und Protestaktionen, die daraufhin in vielen russischen Städten stattfanden, mit beispielloser Härte unterdrücken. Nawalny selbst ließ er ins Gefängnis werfen aufgrund eines »Gerichtsurteils«, das nur eine Verhöhnung des Rechtsprinzips zu nennen ist.

Warum hatte dieser Film Putin buchstäblich ins Mark getroffen? Von der Existenz des Schlosses wusste man längst, bereits 2010 wurde darüber berichtet. Aber dieser Film ermöglichte dem Publikum einen direkten Blick in Putins Kopf. Wir hatten öffentlich gemacht, was für ein armseliger und lächerlicher Mensch Russlands Präsident ist. Man sieht einen Mann, der seit zwanzig Jahren unvorstellbare Macht besitzt, der über endlose Dollar-Milliarden aus Öl- und Gasverkäufen verfügt und damit über die Möglichkeit, in seiner Heimat blühende Landschaften zu erschaffen. Was hätte ein ambitionierter Staatschef mit solch unbegrenzten Ressourcen in dieser Zeit nicht alles bewirken können! Wissenschaft und Technik, Industrie und Landwirtschaft, das Gesundheitssystem, das Bildungssystem, die gesamte Infrastruktur hätte er auf ein internationales Spitzenniveau heben können. Und was tut er? Lässt sich einen gigantischen, nutzlosen, unfassbar kitschigen Palastklotz bauen, ein Monstrum aus Gold und rotem Samt - womit sich der kleine Wolodja Putin aus dem zwielichtigen Leningrader Bezirk Ligowka offenkundig einen Kindheitstraum erfüllt hat.

Keinen Staatsmann historischen Formats zeigte dieser Film, keinen großen Politiker, der mit visionärem Blick und schöpferischer Kraft die Zukunft